A. Zustellung
I. Wesen der Zustellung
Rz. 1
Die Zustellung ist die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in der gesetzlich bestimmten Form. Sie erfolgt entweder von Amts wegen (§§ 166 ff. ZPO) oder auf Betreiben einer Partei (§§ 191 ff. ZPO).
Rz. 2
Zweck der Zustellung ist die Sicherung des Nachweises eines für den Prozess wesentlichen Vorgangs, z.B. der Klageerhebung, der Klageerweiterung, der Feststellung des Eintritts der Rechtshängigkeit oder des Zugehens eines Urteils etc. Zugestellt wird regelmäßig nicht die Originalurkunde, sondern eine beglaubigte Abschrift, § 169 Abs. 2 ZPO. Unter beglaubigter Abschrift versteht man dabei eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit dem Original bescheinigt ist. Erfolgt die Zustellung von Amts wegen, erfolgt die Beglaubigung durch den Urkundsbeamten des Gerichts. Die Beglaubigung von Abschriften bei Zustellung auf Betreiben der Partei kann durch den Gerichtsvollzieher oder den Notar geschehen, § 192 Abs. 2 ZPO. Sofern die Parteien anwaltlich vertreten sind, kann im Bereich der Zustellungen im Parteibetrieb oder bei Zustellung eines Schriftsatzes gem. § 195 ZPO auch von Anwalt zu Anwalt zugestellt werden.
Rz. 3
Die Zustellung wird durch den Gerichtsvollzieher oder die Post ausgeführt. Über sie wird eine Zustellungsurkunde aufgenommen, deren Inhalt sich aus § 190 ZPO i.V.m. der hierzu ergangenen Rechtsverordnung ergibt. Zustellungsempfänger ist entweder die Partei selbst oder deren Prozessbevollmächtigter in einem anhängigen Rechtsstreit, § 172 ZPO. Die Ladung einer anwaltlich vertretenen Partei, deren persönliches Erscheinen das Gericht angeordnet hat, erfolgt an die Partei selbst, nicht an den Prozessbevollmächtigten, der hiervon jedoch häufig durch einen Zusatz auf der ihm zugehenden Terminsladung erfährt.
II. Ort der Zustellung
Rz. 4
Die Zustellung kann an jedem Ort erfolgen, an dem der Empfänger des Schriftstücks angetroffen wird, § 177 ZPO.
III. Arten der Zustellung
Rz. 5
Zu unterscheiden ist die Zustellung von Amts wegen und die sog. Zustellung im Parteibetrieb. Bei der erstgenannten Zustellungsart veranlasst das Gericht, bei der zweitgenannten die Partei die Zustellung. Die Zustellung von Amts wegen stellt dabei die Regel dar.
Die Zustellung erfolgt
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als Zustellung durch den Gerichtsvollzieher, der die Zustellung dann persönlich vollzieht; |
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als Zustellung durch die Post. |
IV. Rückwirkung der Zustellung, § 167 ZPO
Rz. 6
Die Regelung aus § 167 ZPO, wonach, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt, die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung eintritt, sofern die Zustellung "demnächst" erfolgt, hat in der Rechtspraxis durchaus größere Bedeutung. Um sie genauer zu verstehen, hilft es, sich einmal deren Bedeutung an einem ihrer Hauptanwendungsfälle in der Praxis anzusehen, nämlich dem Fall der Verjährungshemmung mittels Klageerhebung. Mittels der Klageerhebung wird gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung gehemmt. Sofern also vor Verjährungseintritt die Klage erhoben wird, kann sich der Beklagte nicht mehr erfolgreich auf die zeitlich nach Klageerhebung eintretende Verjährung berufen.
Rz. 7
Beispiel
A hat gegen B einen Zahlungsanspruch. Der Vertrag wurde im Jahr 2016 geschlossen, die Fälligkeit ist auch noch im Jahr 2016 eingetreten. Die sog. regelmäßige Verjährung würde gem. §§ 195, 199 BGB am 31.12.2019, 24:00 Uhr eintreten. A reicht am 20.12.2019 die Klage bei Gericht ein, weil B einfach grundlos nicht zahlt. Das Gericht stellt die Klage am 25.01.2020 zu. B hat gehofft, dass A zu spät Klage erhebt, freut sich und beruft sich auf den Eintritt der Verjährung. Hat er Recht oder hat er sich zu früh gefreut?
Die Antwort geben die Vorschriften aus §§ 253, 167 ZPO.
Die Klageerhebung im Rechtssinne erfolgt nicht bereits durch das Einreichen der Klageschrift als solcher, die "nur" die sog. Anhängigkeit“ der Rechtssache bewirkt; die Klageerhebung erfolgt vielmehr erst durch die Zustellung der Klage seitens des Gerichts an den Beklagten, § 253 Abs. 1 ZPO. Die Zustellung erfolgte in unserem Beispielsfall aber erst am 25.1.2020, mithin zeitlich nach Eintritt der Verjährung, die rechnerisch am 1.1.2020 eintrat.
Hier hilft nun die Vorschrift aus § 167 ZPO, wonach für den Fall, dass es auf eine Verjährungshemmung ankommt und die Zustellung des Schriftsatzes (hier der Klage) "demnächst" erfolgt, die Wirkung der Verjährungshemmung schon mit Eingang des Antrags bei Gericht eintritt.
Hintergrund, d.h. Sinn und Zweck dieser Regelung ist, dass der Kläger ja als solches keinen Einfluss darauf hat, wann nun das Gericht sich um seine Klage "kümmert", d.h. diese zunächst einmal dem Beklagten zustellt. Arbeitet das Gericht langsam, könnte das zu einem Verjährungseintritt führen, obwohl der Kläger das nicht zu vertreten hat. Jetzt muss man allerdings auf eine Besonderheit hinweisen, die auch bei der Beantwortung, ob die Klage "demnächst" zugestellt wurde, einen wichtige Rolle spielt: Der Kläger einer zivilrechtlichen Klage muss im Normalfall gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 GKG die gerichtliche Verfahrensgebühr (siehe Anlage 1 zu § 34 GKG, Kos...