Rz. 139
Mit der VVG-Reform entfiel die Sondervorschrift des § 12 VVG a.F. zur Verjährung ersatzlos. Damit ist auf die allgemeinen Vorschriften des BGB zurückzugreifen. Die AVB erwähnen das in § 10 I AVB der Vollständigkeit halber. Zutreffend spricht diese Klausel im Plural von "den Ansprüchen", denn der Versicherungsnehmer hat nach § 100 VVG und § 3 II Nr. 1 AVB sowohl einen Anspruch auf Befriedigung begründeter als auch einen solchen auf Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche. Dennoch handelt es sich um einen einheitlichen Deckungsanspruch, der auch einheitlich verjährt. Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährungsfrist ist nach § 199 Abs. 1 BGB die Fälligkeit der Versicherungsleistung und die Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers von den entsprechenden Umständen. Damit beginnt für beide Ansprüche einheitlich die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem diese Voraussetzungen vorliegen. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Rz. 140
Zusätzlich zu den allgemeinen im BGB aufgeführten Hemmungstatbeständen ist § 15 VVG zu beachten, der den früheren § 12 Abs. 2 VVG a.F. ablöste und diesem über die Reform hinaus Geltung verschafft. Eine Anmeldung des Anspruchs führt zur Verjährungshemmung. Die Hemmung dauert an, bis der Versicherer eine Entscheidung getroffen und den Versicherungsnehmer hierüber in Textform informiert hat. Auch bloße Untätigkeit über einen längeren Zeitraum, sogar über mehrere Jahre hin, führt nicht zum vorzeitigen Ende der Verjährungshemmung. Die Anmeldung kann konkludent bereits in der Anzeige des Versicherungsfalls liegen. Die Hemmung wird beendet, wenn dem Versicherungsnehmer der Bescheid des Versicherers zugeht. Dabei kann es sich logischerweise nur um eine vollständige oder teilweise Deckungsablehnung handeln, die aber auch in einer Abrechnung über teilweise Leistungen bestehen kann, wenn damit gleichzeitig weitere Leistungen abgelehnt werden. Übernimmt der Versicherer Deckung ohne Einschränkung, gibt es für den Versicherungsnehmer keinen Grund zu klagen. Das ist auch dann der Fall, wenn der Versicherer nach entsprechender Prüfung mitteilt, dass der Versicherungsnehmer nicht hafte und deshalb keine Zahlungen erfolgen. Damit gibt der Versicherer zu verstehen, dass er Versicherungsschutz in der Variante des Abwehrschutzes bereitstellen wird. Auch damit erfüllt er seine vertraglichen Verpflichtungen vollständig, die Deckungsfrage ist nicht berührt. Akzeptiert der Versicherungsnehmer die Entscheidung nicht, bleibt ihm lediglich der Weg über ein Anerkenntnis mit anschließender Klage gegen den Versicherer (siehe Rdn 127 ff.). In diesem Fall wandelt sich der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers in einen Zahlungsanspruch um. Zur alten Rechtslage ging die Rechtsprechung hier von einer neuen gesonderten Verjährungsfrist ab Zahlung aus, es sei denn, der Zahlungsanspruch entstand erst nach Verjährung des Deckungsanspruchs als Befreiungsanspruch. Auch wenn sich der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers in der Hand des Dritten durch Pfändung und Überweisung in einen Zahlungsanspruch umwandelt, soll für den Dritten eine neue Verjährungsfrist anlaufen.
Diese Lösungen erscheinen zweifelhaft. Wird der Deckungsanspruch durch den Versicherungsnehmer abgetreten, kann es im Hinblick auf § 404 BGB keine neue Verjährungsfrist geben. Die Theorie von der Umwandlung des Befreiungsanspruchs gegen den Versicherer in einen Zahlungsanspruch hat eher prozessökonomische Gründe. Der Versicherungsnehmer selbst kann, solange der Haftpflichtanspruch geltend gemacht wird, auf Deckungsschutz nur mittels Feststellungsantrag klagen, da dem Versicherer bei bestehender Deckung freigestellt ist, ob er den Versicherungsnehmer von der Forderung befreit oder Abwehrschutz bietet. In der Hand des Dritten, also des Inhabers der Haftpflichtforderung, wäre ein Befreiungsanspruch sinnlos, ihm geht es einzig um die Zahlung, wenn er gegen den Versicherer vorgeht. Deshalb soll er auch unmittelbar auf Zahlung klagen können. Das wird man auf die Fälle der Abtretung des Deckungsanspruchs erweitern können. Gleiches gilt jetzt wohl auch, wenn der Versicherungsnehmer den Haftpflichtanspruch anerkennt und selbst gegen den Versicherer klagt. Am Deckungsanspruch ändert sich deshalb aber strukturell nichts. Es besteht keine innere Rechtfertigung dafür, eine neue Verjährungsfrist anlaufen zu lassen, bloß weil der Anspruch nun unmittelbar auf Zahlung lautet. Damit wird der Anspruchsteller auch nicht über Gebühr ungünstiger gestellt. Den Beginn der Verjährungsfrist kennt er selbst am besten, weil er ihn durch die Erhebung des Anspruchs gegen den Versicherungsnehmer ausgelöst hat. Auch kann er für den Fall, dass der Versicherungsnehmer den Schaden nicht gemeldet hat, unmittelbar für die Anzeige und damit für die Verjährungshemmung sorgen. So erfüllt er gleichzeitig seine Obliegenheiten gem. § 119 VVG. Die notwendigen Daten – Versicherer nebst Versicherun...