Rz. 150

In der Pflichtversicherung gehen die Leistungspflichten ggü. dem Dritten z.T. weiter als ggü. dem Versicherungsnehmer. Der Versicherer muss dann nach außen leisten, ohne im Innenverhältnis dazu verpflichtet zu sein. Er ist in diesen Fällen auf den Regress gegen den Versicherungsnehmer beschränkt und trägt damit v.a. dessen Insolvenzrisiko. Prinzipiell ist dies der Fall, wenn lediglich Leistungsfreiheit ggü. dem Versicherungsnehmer besteht, § 117 Abs. 1 VVG, also v.a. bei Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers, aber auch nach Verjährung des Deckungsanspruchs.[331] Echte Risikoausschlüsse wirken hingegen auch zulasten des Dritten; hier ist der versicherte Bereich von vornherein schon nicht erfasst. Die Leistungspflichten ggü. dem Dritten gehen allerdings nicht weiter als die Pflichtversicherung tatsächlich besteht, also nur bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und i.R.d. konkret übernommenen Gefahr (§ 117 Abs. 3 Satz 1 VVG). Dem steht § 113 Abs. 3 VVG nicht entgegen, nach dem die Regelungen über die Pflichtversicherung in diesem Abschnitt auch gelten, soweit der Versicherer Deckung über die Mindestanforderungen hinaus gewährt.[332] § 117 Abs. 3 Satz 1 VVG geht dem als Spezialnorm für das Verhältnis ggü. dem Dritten vor, § 113 Abs. 3 VVG wirkt im Verhältnis zum Versicherungsnehmer. Auch der Direktanspruch nach § 115 VVG wird nicht durch § 117 VVG erweitert; der Dritte ist also gezwungen, zunächst einen Titel im Haftpflichtverhältnis gegen den Versicherungsnehmer zu erstreiten, um anschließend den Deckungsanspruch zu pfänden und sich überweisen zu lassen.[333]

[331] BGH, VersR 1971, 333.
[332] Klimke, in: Prölss/Martin, § 113 VVG Rn 11.
[333] Mennemeyer/Hugemann, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 2788.

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