Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Dr. Cathrin Krämer
Rz. 12
Fallgestaltung
Das Muster geht davon aus, dass der Verkäufer als alleiniger Erbe seine ganze Erbschaft an B verkauft. In der Praxis ist ein solcher Fall eher selten. Das Muster kommt etwa dann in Betracht, wenn der Erbe aus persönlichen Gründen bzw. großer räumlicher Distanz (Ausland) eine eigene Nachlassabwicklung und eine umständliche Einzelverwertung vermeiden will oder wenn er sofortige Barmittel benötigt.
Im Nachlass befinden sich verschiedene exemplarische Vermögenswerte. Dem Abstraktionsprinzip entsprechend werden sie als Gesamtheit verkauft, aber nach den jeweils für sie geltenden Vorschriften übertragen. Diese Nachlassgegenstände im Vertrag genau aufzuführen, ist nicht nur zur Fixierung des Vertragsgegenstands sinnvoll, sondern auch Pflicht des Verkäufers aus § 260 Abs. 1 BGB.
Der Alleinerbe hat naturgemäß verschiedene Möglichkeiten, sich seines Erbes zu entäußern, er kann die Nachlassgegenstände insbesondere einzeln verkaufen. Zu beachten ist aber, dass auch der Verkauf eines einzelnen Gegenstands den §§ 2371 ff. BGB unterliegen kann, wenn der Käufer weiß, dass es sich um die ganze oder nahezu die ganze Erbschaft handelt.
Rz. 13
Gestaltung des Rechtsverhältnisses
Der Grundsatz der gesetzlichen Regelung ist der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages der Parteien, auf den die Bestimmungen des Schuldrechts über den Kauf (§§ 433 ff. BGB) und damit auch den gegenseitigen Vertrag (§§ 320 ff. BGB) Anwendung finden. Daneben gelten die Sonderregeln der §§ 2371 ff. BGB, da der Erbschaftskauf auch erbrechtlicher Natur ist.
In der Praxis sind Abweichungen aber möglich (die §§ 2372–2381 BGB sind dispositiv) und in der Regel vorteilhaft, um Leistung und Gegenleistung besser aufeinander abzustimmen. Zum einen lässt sich der Umfang der sich im Nachlass befindlichen Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Verkaufs meist nicht mit letzter Gewissheit angeben. Dieses Risiko lässt sich durch Modifizierungen eingrenzen. Zum anderen entstehen Aufwendungen und Abgaben auf den Nachlass. Die Parteien wollen sich hier nicht noch zusätzlichen gegenseitigen Erstattungspflichten ausgesetzt sehen. Sie können solche Kosten vielmehr in die Kalkulation des Kaufpreises einbeziehen.
Rz. 14
Aus diesen Gründen weicht das Muster von § 2374 BGB ab, wonach der Verkäufer alle zur Zeit des Verkaufs vorhandenen Erbschaftsgegenstände sowie erlangte Surrogate für vorher in der Erbschaft befindliche Gegenstände herauszugeben hat. Des Weiteren hätte er Ersatz zu leisten für Erbschaftsgegenstände, die er in Unkenntnis des Käufers vor Verkauf verbraucht, unentgeltlich veräußert oder unentgeltlich belastet hat (§ 2375 Abs. 1 S. 1 BGB).
Auch diese Verpflichtung wird abbedungen, da der Kaufpreis auf die aufgeführten Erbschaftsgegenstände bemessen ist. Ebenfalls weicht das Muster aus o.g. Gründen von den §§ 2377, 2379 S. 3 und 2381 BGB ab.
Rz. 15
Die Erbschaftsteuer im Besonderen ist eine nach § 20 Abs. 1 ErbStG dem Erben persönlich obliegende Abgabe (nicht Nachlassverbindlichkeit) und zugleich eine zu entrichtende Abgabe i.S.d. § 2379 S. 3 Alt. 1 BGB, die als auf den Stammwert der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen ist. Im Innenverhältnis hätte sie der Käufer zu tragen. Jedenfalls im Hinblick auf die Erbschaftsteuer empfiehlt sich ggf. eine Abbedingung der gesetzlichen Regelung. Wenngleich dies im Muster geändert wurde, haftet der Käufer dem Verkäufer weiter für die Steuerschuld mit der erworbenen Erbschaft (§ 20 Abs. 3 ErbStG). Eine Erbauseinandersetzung ist auch nach den Erbschaftsteuerreformen m.W.v. 1.1.2009 und 1.7.2016 grundsätzlich bedeutungslos. Einige Durchbrechungen bestehen dennoch in Bezug auf Begünstigungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und Nr. 4c, §§ 13a, 13b, 13c, 19a ErbStG.
Der Käufer kann einen Erbschein nur auf den Namen des Erben beantragen.
Nach Kaufabschluss besteht die Möglichkeit, nach § 729 ZPO die Vollstreckungsklausel auf den Käufer umschreiben zu lassen. Der Nachlassgläubiger kann nun aus dem vor Verkauf rechtskräftig gewordenen Urteil gegen den Erblasser oder den Verkäufer vorgehen. Durch eine Schuldübernahme kann aber der Verkäufer von seiner Haftung befreit werden.
Rz. 16
Übergang und Haftung
Es werden die gesetzlichen Regelungen der §§ 2376, 2379 S. 1 und 2, 2380 BGB übernommen. Die Mängelhaftung des Erbschaftsverkäufers folgt damit zwar grundsätzlich den Regeln für das (allgemeine) Kaufrecht. Einen zentralen Unterschied gibt es dennoch: Eine Haftung für Sachmängel ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der Normzweck besteht in einer Einschränkung der Gewährleistungspflicht, so dass eine Sachmängelhaftung lediglich dann in Betracht kommt, wenn der Mangel arglistig verschwiegen wurde oder eine vereinbarte oder garantierte Beschaffenheit fehlt. Mit Abbedingung des § 2376 BGB kann die Haftung des Verkäufers dennoch vertraglich erweitert werden.
Der Gefahrübergang kann alternativ zur im Muster aufgenommenen Regelung in Abweichung zu § 2380 BGB vom Übergang der Kaufpreiszahlung abhängig gemacht werde...