Prof. Dr. Wolfgang Burandt, Dr. Cathrin Krämer
Rz. 54
Ausscheidung aus der Erbengemeinschaft durch Abschichtung
Eine Erbengemeinschaft kann nach h.M. neben der Teilung bzw. der Veräußerung der Nachlassgegenstände oder durch Übertragung von Erbteilen einen dritten Weg wählen, der zu einer persönlichen Teilauseinandersetzung führt.
Ein Miterbe kann auch, meist gegen Abfindung, im Einvernehmen mit den/dem anderen Miterben aus der Erbengemeinschaft im Wege der Abschichtung ausscheiden. Die Abschichtung hat die Aufgabe der Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft, insbesondere auf das Auseinandersetzungsguthaben, zur Folge.
Rz. 55
Inhalt der Abschichtung
Die Abschichtung ist eine vom Gesetz formfrei zugelassene vertragliche Erbauseinandersetzung und nicht als Verfügung über den Erbteil i.S.d. § 2033 Abs. 1 BGB anzusehen. Privatschriftlich geschlossene Erbteilsübertragungsverträge können auch nicht im Rahmen der sog. Abschichtungsrechtsprechung als formwirksam angesehen werden, wenn sich die Parteien hinsichtlich der Formbedürftigkeit offenkundig nicht sicher waren.
Das Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft hat zur Folge, dass der Erbteil des Ausgeschiedenen den verbleibenden Erben zuwächst. Die Erbengemeinschaft ist dann beendet, wenn nur ein Erbe übrig bleibt und das Anwachsen zu Alleineigentum am Nachlass kraft Gesetzes führt.
Die Abschichtung unterscheidet sich vom Aufgeben des Erbanteils dadurch, dass der im Wege der Abschichtung aus der Erbengemeinschaft ausscheidende Miterbe lediglich auf seine Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft verzichtet, sie allerdings nicht auf bestimmte Rechtsnachfolger überträgt.
Rz. 56
Soweit eine Gegenleistung (Abfindung) im Zusammenhang mit der Austrittserklärung steht, ist es zweckmäßig, den Vertrag notariell beurkunden zu lassen. So kann der Ausscheidende sichergehen, dass er seine Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft erhält, sofern die vereinbarte Gegenleistung noch nicht erfolgt ist. Zur Sicherung der Gegenleistung kann ähnlich verfahren werden wie beim Erbschaftskauf; insofern wird auf die Ausführungen in den Rdn 1 ff. verwiesen.
Rz. 57
Das Anwachsungsprinzip gilt analog § 738 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Jedoch ist der Miterbe durch die Abschichtung nicht von der Haftung im Außenverhältnis befreit.
Der Verzichtende bleibt wegen der Kontinuität seiner Erbenstellung auch Schuldner der Erbschaftsteuer.
Zwischen den Miterben kann, wie im Muster dargestellt, rechtsgeschäftlich vereinbart werden, dass die verbleibenden Miterben sich zur Erwirkung der Freistellung des ausscheidenden Miterben von der bis dahin bestehenden Mithaftung verpflichten.
Rz. 58
Nicht in dem Muster enthalten, aber dennoch möglich ist die vertragliche Regelung eines Gewährleistungsausschlusses. Miterben haften einander ansonsten nach §§ 2042 Abs. 2, 757 BGB.
Rz. 59
Form des Abschichtungsvertrages
Der Abschichtungsvertrag ist grundsätzlich als eine formfreie mögliche Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB zu betrachten. Die dingliche Wirkung erfolgt über das Anwachsungsprinzip in analoger Anwendung von § 738 BGB auf die Erbengemeinschaft. Die Abschichtungsvereinbarung stellt also keine Verfügung über den Erbteil dar, so dass die Formvorschriften des § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB nicht eingreifen. Die Formbedürftigkeit ist jedoch dann zu bejahen, wenn im Wege des Vertrages ein Gegenstand von der Erbengemeinschaft auf den durch Abschichtung ausscheidenden Miterben übertragen wird und zur Übertragung dieses Vermögensgegenstands sonst eine besondere Form vorgeschrieben ist. Dies gilt für Grundstücke (§ 311b Abs. 1 S. 1 BGB) und GmbH-Geschäftsanteile (§ 15 Abs. 3 und 4 GmbHG). Auch aus Sicherheitsgründen wird regelmäßig eine notarielle Beurkundung geboten sein.
Rz. 60
Genehmigung
Gemäß § 1851 Nr. 3 BGB erfordert ein Abschichtungsvertrag, mit dem ein Betreuter aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, eine betreuungsgerichtliche Genehmigung. Das Genehmigungserfordernis gilt gem. § 1643 Abs. 3 S. 2 BGB nicht für Eltern.