Rz. 40

Die Frage nach dem Umfang der Leistungsfähigkeit ist die Frage nach dem für den Elternunterhalt einzusetzenden Einkommen.

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.700 EUR.

1. Vorwegabzug von Kindesunterhalt

a) Bemessung des Kindesunterhalts nur nach dem Einkommen des M

 

Rz. 41

Der Kindesunterhalt des K kann hier allein nach dem Einkommen von M bestimmt werden.

neKM erfüllt ihre Unterhaltspflicht durch die Betreuung des noch minderjährigen Kindes.

Der Kindesunterhalt, der hier zu Berechnungszwecken als Geldbetrag auszuweisen ist, bestimmt sich nach der Düsseldorfer Tabelle.

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.700 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 6 (3.501 EUR bis 3.900 EUR) zur Anwendung. Es sind drei Unterhaltsberechtigte vorhanden (F, neKM und G). Die DT geht von zwei Unterhaltsberechtigten aus. Deshalb ist die Herabstufung um eine Einkommensgruppe in Gruppe 5 (3.101 – 3.500 EUR) geboten.

K ist 9 Jahre alt (zweite Altersstufe). Der Bedarf nach der DT beträgt somit 546 EUR. Abzüglich des hälftigen Kindergelds ergibt sich ein (fiktiver) Zahlbetrag von 436,50 EUR (546 EUR – 109,50 EUR).

M verbleiben rechnerisch 3.263,50 EUR (3.700 EUR – 436,50 EUR).

b) Bemessung des Kindesunterhalts nach dem zusammengerechneten Einkommen von M und F

 

Rz. 42

Zwar leben M und neKM zusammen, doch hat neKM kein Einkommen. Eine Ermittlung des Kindesunterhalts nach dem gemeinsamen Einkommen erübrigt sich.

 

Hinweis

Diese Rechenweise[13] nach dem zusammengerechneten Einkommen hat für die Bestimmung der Kindesunterhaltsverpflichtung des M in den Fällen ohnehin keine wesentliche Bedeutung, in denen M und neKM nicht zusammenleben und M alleine barunterhaltspflichtig ist. Der Barunterhalt würde sich – in den allermeisten Fällen – nur nach dem Einkommen des M bestimmen.

Es bleibt also bei dem oben bereits aufgezeigten Ergebnis: M verbleiben nach Abzug des Kindesunterhalts rechnerisch 3.263,50 EUR (3.700 EUR – 436,50 EUR).

Zudem ist M auch seiner Partnerin neKM unterhaltspflichtig.

[13] Vgl. hierzu ausführlich und mit Rechenbeispielen Gutdeutsch, FamRZ 2014, 1969.

2. Vorwegabzug des Unterhalts nach § 1615l

 

Rz. 43

Als Ehefrau würde neKM mittels des Familienselbstbehalts berücksichtigt (siehe hierzu Fall 55 oben Rdn 32).

Der Anspruch nach § 161l rechtfertigt aber nicht den Ansatz des Familienselbstbehalts wie bei Ehegatten.

Der Anspruch nach § 1615l BGB kann vielmehr als sonstige Verpflichtung i.S.v. § 1603 BGB vom Einkommen des M vorab abgezogen werden.

 

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 Rn 20

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht dem Antragsgegner keinen Familienselbstbehalt zugebilligt hat.

Ein möglicher Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB führt nicht dazu, dass sich der Antragsgegner auf einen Familienselbstbehalt berufen könnte. Vielmehr wäre der entsprechende, gemäß § 1609 Nr. 2 BGB vorrangige, Unterhaltsbetrag als sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB von dessen Einkommen abzuziehen

Also Begründung für den Vorwegabzug – statt Familienselbstbehalt – wird vom BGH angeführt:

 

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 Rn 22 u. 23

Die Zubilligung des Familienselbstbehalts basiert auf der Prämisse, dass der Unterhaltspflichtige verheiratet ist und sich die Ehegatten Unterhalt schulden. Zwar ist der Ehegattenunterhalt gemäß § 1609 Nr. 2 und 3 BGB gegenüber dem Elternunterhalt (§ 1609 Nr. 6 BGB) vorrangig. Weil sich die Höhe des – beim Zusammenleben der Ehegatten bestehenden – Anspruchs auf Familienunterhalt allerdings auch nach dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden (§ 1578 Abs. 1 BGB) Elternunterhalt richtet, sich beide Ansprüche mithin wechselseitig beeinflussen, hat es der Senat gebilligt, dem verheirateten Unterhaltspflichtigen einen Familienselbstbehalt zu belassen, der sich – bei darüber hinausgehendem Einkommen der Eheleute – auf einen individuellen Familienbedarf erhöhen kann (BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn 40 ff.).

(2) Anders verhält es sich bei dem Anspruch aus § 1615l BGB. Der danach geschuldete Bedarf des Unterhaltsberechtigten richtet sich allein nach seiner eigenen Lebensstellung gemäß § 1610 BGB (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn 20 ff.; s. auch Senatsbeschluss BGHZ 205, 342 = FamRZ 2015, 1369 Rn 34 m.w.N.). Demgemäß bleibt die Höhe des Betreuungsunterhalts von einem daneben geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch unberührt; der Betreuungsunterhalt kann somit ohne weiteres als sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB vorab vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogen werden. Eines Familienselbstbehalts bedarf es insoweit nicht (vgl. insoweit zur Haushaltsersparnis Senatsurteil vom 17.10.2012 – XII ZR 17/11, FamRZ 2013, 868 Rn 25).

3. Besteht ein Anspruch nach § 1615l?

 

Rz. 44

Bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes besteht Anspruch auf den sog. Basisunterhalt.

K ist aber bereits 9 Jahre alt

Ein sog. verlängerter Betreuungsunterhalt, also Unterhalt nach dem Basisunterhalt, erfordert.

entweder kindbezogene Gründe
oder elternbezogene Gründe.
 

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 Rn 25 ff.

Für die – hier allein relevante – Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach der gesetzlichen Regelung zw...

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