Rz. 62

Für die Anfechtung gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB.[115] Anders als bei einer letztwilligen Verfügung ist ein Motivirrtum unbeachtlich, denn § 2078 BGB gilt nicht.[116] Die Anfechtung kann das abstrakte erbrechtliche Verfügungsgeschäft und/oder ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft unwirksam werden lassen.[117]

 

Rz. 63

Das Anfechtungsrecht des Verzichtenden zu Lebzeiten des Erblassers ist unbestritten.[118] Uneinigkeit besteht über das Anfechtungsrecht des potentiellen Erblassers.

Es könnte die Meinung vertreten werden, es bestehe für eine Anfechtung des Erblassers kein Bedürfnis. Er könne durch eine letztwillige Verfügung den Ausschluss des Erben jederzeit rückgängig machen.

Zutreffender Weise sollte ein Anfechtungsrecht des Erblassers bejaht werden.[119] Ob ein "Bedürfnis" für ein Recht besteht, ist nicht ausschlaggebend für dessen Existenz. Bei einem testierunfähigen Erben ist es zudem nicht möglich, eine neue letztwillige Verfügung zu verfassen. Zudem werden durch einen Erbverzicht auch die Erb- und Pflichtteilsquoten von anderen Personen beeinflusst. Die Anfechtung kann eine Wirkung entfalten, die der Erblasser sonst nicht herbeiführen kann.

[115] Grüneberg/Weidlich, § 2346 Rn 18; Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 103.
[116] MüKo/Wegerhoff, § 2346 Rn 4.
[117] Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 180–185.
[118] Vgl. auch Pentz, MDR 1999, 785.
[119] Pentz, MDR 1999, 785; Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 107 m.w.N. zu beiden Ansichten.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge