Rz. 8

Zum 17.8.2015 ist die EuErbVO in Kraft getreten. Sie gilt seit diesem Zeitpunkt als unmittelbares Recht in Deutschland, Art. 83, 84 EuErbVO. Nach Art. 83 Abs. 1 EuErbVO ist die Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Personen anzuwenden, die am 17.8.2015 oder danach verstorben sind.[10] Hinsichtlich der vor dem 17.8.2015 getroffenen Rechtswahl sowie einer vor diesem Datum errichteten Verfügung von Todes wegen sieht Art. 83 Abs. 24 EuErbVO Sonderregelungen vor.[11]

 

Rz. 9

OLG Schleswig, Beschl. v. 25.4.2016 – 3 Wx 122/15, ZEV 2016, 502: Erbfolge nach in Deutschland lebendem Polen aufgrund konkludenter Rechtswahl in gemeinschaftlichem Testament

Zitat

Art. 25 EGBGB n.F. bestimmt keine Rückwirkung der Anwendung der Europäischen Erbrechtsverordnung auf Erbrechtsfälle vor dem 17.8.2015. Das ergibt sich unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Norm, deren einzige Funktion es ist, den sachlichen Anwendungsbereich der Europäischen Erbrechtsverordnung auf solche Gegenstände auszudehnen, die zwar nicht nach der Verordnung, wohl aber nach bisherigem autonomen deutschen internationalen Privatrecht erbrechtlich qualifiziert werden.

BGH, Beschl. v. 10.7.2019 – IV ZB 22/18, ZEV 2019, 538:

Zitat

Zur Wirksamkeit der Wahl des deutschen Errichtungsstatuts in einem Erbvertrag, der von einer nach dem 17.8.2015 verstorbenen deutschen Erblasserin mit einem italienischen Staatsangehörigen vor diesem Stichtag (Art. 83 Abs. 1 EuErbVO) geschlossen worden war.

OLG München, Beschl. v. 24.8.2020 – 31 Wx 241/18, FamRZ 2020, 1951:

Zitat

Für die Frage, ob eine konkludente Wahl deutschen Rechts im Sinne von Art. 83 Abs. 2 EuErbVO für die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Nachfolgend BGH, Beschl. v. 24.2.2021 – IV ZB 33/20:

Zitat

Die Frage, ob der Erblasser eine konkludente Rechtswahl im Sinne von Art. 22 Abs. 2 EuErbVO getroffen hat, ist unionsautonom und nicht unter Rückgriff auf das hypothetisch gewählte Recht zu beurteilen (hier: Wahl des deutschen Rechts für die Bindungswirkung in einem zwischen einer deutschen Erblasserin und ihrem österreichischen Ehemann geschlossenen Erbvertrag im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO).

OLG München, Beschl. v. 18.8.2020 – 31 Wx 269/18, FamRZ 2020, 1957:

Zitat

1. Zur Anwendung des Art. 83 Abs. 3 EuErbVO auf die Bindungswirkung eines Erbvertrags im unionsrechtlichen Sinne
2. Zur Reichweite der Bindungswirkung einer wechselbezüglichen Verfügung unter Berücksichtigung der EuErbVO und des österreichischen ABGB
 

Rz. 10

Ein Sonderproblem stellen Schenkungen unter Lebenden und von Todes wegen dar.[12]

Schenkungen unter Lebenden sind vom Anwendungsbereich der EuErbVO gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. g) EuErbVO ausgeschlossen, erbrechtliche Konsequenzen hieraus werden aber nach wohl h.M. sehr wohl erfasst:

"Clawback-Ansprüche" (z.B. §§ 2287, 2329 BGB) können sich aufgrund Statutenwechsels verändern;
fiktive Hinzurechnung von Schenkungen an späteren Erben bzw. Pflichtteilsberechtigte (vgl. §§ 2050 ff. BGB!).
[10] OLG Schleswig FamRZ 2016, 1606 m. krit. Anm. Schmidt; dagegen mit zust. Anm. Margonski, ZEV 2016, 507; Köhler in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Teil 1 § 2 Rn 16.
[11] Köhler in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Teil 1 § 2 Rn 16.
[12] Vgl. BeckOGK/J. Schmidt, EuErbVO Art. 1 Rn 32

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