Rz. 61
Wie bei der BGB-Gesellschaft wurde die OHG bis zum Handelsrechtsreformgesetz 1998 bei Tod eines Gesellschafters gem. § 131 Nr. 4 HGB a.F. aufgelöst.
Rz. 62
Nach aktueller Rechtslage ohne inhaltliche Änderung durch das MoPeG sieht das Gesetz das Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters gem. § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB n.F. vor. Die Gesellschaft wird somit ohne abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung von den verbleibenden Gesellschaftern ohne die Erben fortgeführt. Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters wächst ihnen gem. § 712 Abs. 1 BGB n.F. zu und in den Nachlass fällt ein ggf. im Gesellschaftsvertrag geregeltes Abfindungsguthaben.
Rz. 63
Das Abfindungsguthaben für den nicht eintretenden Erben kann im Gesellschaftsvertrag vollständig ausgeschlossen werden. Es gelten nicht die Regelungen zur (Un-)Zulässigkeit der Abfindungsbeschränkung, denn diese wurden zum Schutz vor einer unzulässigen Beschränkung des Kündigungsrechts des Gesellschafters entwickelt.
Rz. 64
Aus § 139 Abs. 1 HGB n.F. ergibt sich, dass auch bei der OHG durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung der Gesellschaftsanteil vererblich gestellt werden kann, so dass die Folge des § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB n.F. (Ausscheiden eines Gesellschafters) nicht eintritt.
Hinsichtlich der möglichen gesellschaftsvertraglichen Klauseln wird auf den Exkurs zu den Nachfolgeklauseln verwiesen (vgl. Rdn 144 ff.).
Rz. 65
Wird aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel ein Erbe Nachfolger des verstorbenen Gesellschafters, erhält er die Möglichkeit durch Antrag gem. § 131 Abs. 1 HGB n.F. an die übrigen Gesellschafter unter Belassung des bisherigen Gewinnanteils die Stellung eines Kommanditisten zu erhalten. Der Gesellschaftsvertrag kann dieses Recht des Erben nicht ausschließen, jedoch gem. § 131 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. den Gewinnanteil des Erben anders als den des Erblassers bestimmen. Nehmen die übrigen Gesellschafter den Antrag nicht an, kann der Nachfolger gem. § 131 Abs. 2 HGB n.F. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sein Ausscheiden aus der Gesellschaft erklären.
Rz. 66
Der Antrag des Nachfolgers hat gem. § 131 Abs. 3 HGB n.F. innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft zu erfolgen.
Rz. 67
Auch nach Geltung des MoPeG ab 1.1.2024 finden die Regelungen des Rechts der BGB-Gesellschaft über § 105 Abs. 3 HGB n.F. für die OHG Anwendung. Gem. § 711 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. erhält somit jeder aufgrund entsprechender gesellschaftsvertraglicher Klausel in die OHG eintretende Miterbe einen seiner Erbquote entsprechenden Anteil am Gesellschaftsanteil des Erblassers persönlich zu Eigenvermögen.
Rz. 68
Sobald sich die OHG in Liquidation befindet, erfolgt keine Sondererbfolge mehr. Die Vererbung von Geschäftsanteilen von Liquidationsgesellschaften vollzieht sich nach rein erbrechtlichen Regeln. Mehrere Erben werden nicht einzeln, sondern zur gesamten Hand Erben.
Rz. 69
War einer der Gesellschafter-Erben bereits Gesellschafter der OHG, vereinigt sich der im Rahmen der Sondererbfolge ererbte Gesellschaftsanteil mit dem bisherigen zu einer einheitlichen Beteiligung. Eine Aufspaltung in mehrere selbstständige Teile ist nicht möglich. Ein Recht auf Einräumung der Stellung eines Kommanditisten gem. § 131 Abs. 1 HGB n.F. steht ihm dann nicht zu.
1. Stellung der Erben gegenüber den übrigen Gesellschaftern
a) Obligatorische Gruppenvertretung
Rz. 70
Obwohl der Geschäftsanteil des Erblassers an der OHG im Rahmen einer Sondererbfolge aufgeteilt nach der Erbquote an jeden einzelnen Erben übergeht, fällt er in den Nachlass, so dass die Testamentsvollstreckung nicht schlechthin ausgeschlossen ist. Der Testamentsvollstrecker hat jedoch keine Befugnisse, die unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Erben berühren. Er ist daher in einem Rechtsstreit über die Aufnahme eines weiteren Mitgesellschafters innerhalb der Gesellschaft nicht zur Verwaltung befugt.
Rz. 71
Wie bei der BGB-Gesellschaft ändert sich für die verbleibenden Gesellschafter die Beteiligungshöhe nicht, allerdings wird der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Gesellschafters auf die zur Sondererbfolge berufenen Erben aufgeteilt. Es kommt zu einer Zerstückelung der Beteiligung und Vervielfachung der Anzahl der Gesellschafter. Die Entscheidungsfindung wird erschwert, da die hinzutretenden Gesellschafter-Erben kapitalmäßig nur gering beteiligt sind und oftmals dem Unternehmen fremd gegenüberstehen.
Auch bei der OHG bietet sich daher an, die Einzelinteressen der Gesellschaftererben durch die Einführung einer Vertreterklausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsvertrag zu bündeln, um die Unternehmensführung, insbesondere Entscheidungsfindung, zu erleichtern.
Eine Klausel zur obligatorischen Gruppenvertretung im Gesellschaftsve...