Rz. 43
Das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 BGB, das den Beurkundungszwang für Grundstücksübertragungen und Belastungen begründet, hat den Zweck, die Parteien der Geschäfte vor übereilten Verpflichtungen zu schützen, den Beweis der getroffenen Vereinbarungen zu sichern und die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes zu gewährleisten. Gleichzeitig soll eine sachgerechte Beratung der Parteien sichergestellt werden. Dieser Zweck spiegelt sich in den Pflichten des Notars, die ihre Ausprägung im Beurkundungsgesetz finden, wider. Verletzt der Notar diese Pflichten und kommt es dadurch zu Nachteilen für eine der am Grundstücksgeschäft beteiligten Parteien, so haftet der Notar der betroffenen Partei für den eingetretenen Schaden aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung. Die Amtshaftung des Notars ist subsidiär. Dies bedeutet, dass sie nur dann eingreift, wenn die geschädigte Partei keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, etwa die Inanspruchnahme des sie beratenden Anwaltes, hat. Der Inhalt und Umfang der notariellen Pflichten wurde entscheidend durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägt. Der BGH hat zur Notarhaftpflicht und den Anforderungen an die Berufspflichten des Notars richtungsweisende Grundsätze aufgestellt. Hierbei werden insbesondere strenge Maßstäbe an die notariellen Betreuungs- und Belehrungspflichten gestellt.
1. Wahl des sicheren Weges
Rz. 44
Der Notar ist verpflichtet zu ermitteln, was genau die Parteien zu vereinbaren wünschen. Bei der Gestaltung der von ihm zu beurkundenden Verträge hat er den für beide Parteien sichersten Weg zur Erreichung des vertraglichen Zieles zu wählen. Die Unwirksamkeit eines notariell beurkundeten Vertrages beruht nahezu ausnahmslos auf einer Amtspflichtverletzung des Notars. Der Notar darf aus seiner Sicht unwirksame Vereinbarungen nicht beurkunden.
2. Belehrung und Betreuung der Parteien
Rz. 45
Im Rahmen der Beurkundung und ggf. im Rahmen eines Vorgespräches hat der Notar die Parteien über die Bedeutung und den Inhalt der einzelnen vertraglichen Klauseln und die damit im Zusammenhang stehenden gesetzlichen Bestimmungen aufzuklären und zu belehren. Eine Ausnahme hiervon stellt lediglich die Belehrung über steuerliche Konsequenzen der zu beurkundenden Vereinbarungen dar, für die den Notar im Allgemeinen keine Belehrungspflicht trifft. Jedoch muss der Notar die Parteien eines Grundstücksgeschäftes über die Grunderwerbsteuerpflicht in Kenntnis setzen.
Durch die Regelung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 und 2 BeurkG ist der Notar gehalten, bei Verbraucherverträgen Folgendes zu gewährleisten:
1. |
Die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Verbrauchers sind von diesem persönlich oder durch eine Vertrauensperson vor dem Notar abzugeben und |
2. |
der Verbraucher muss ausreichend Gelegenheit erhalten, sich vorab mit dem zu beurkundenden Vertrag auseinanderzusetzen. Der Kaufvertragsentwurf soll dem Verbraucher im Regelfall zwei Wochen vor der Beurkundung vom Notar zur Verfügung gestellt werden. Bei Unterschreitung dieser Frist sollen die Gründe in der Urkunde angegeben werden. |
Verbraucherverträge sind nach der Legaldefinition des § 310 Abs. 3 BGB Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.
Rz. 46
Im Rahmen seiner Betreuungspflicht ist der Notar gehalten, die zur Durchführung der Verträge vorgeschriebenen Anzeigen an Gerichte und Behörden vorzunehmen und notwendige Genehmigungen einzuholen. Er hat durch entsprechende Mitteilungen auch dafür Sorge zu tragen, dass die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zwischen den Parteien entweder durch Fälligkeitsmitteilungen oder durch die Abwicklung über Notaranderkonten risikolos vollzogen wird.
Rz. 47
Der Notar hat zwar nicht ausdrücklich über den Wegfall der Bindungswirkung nach § 21 BauGB a.F. zu belehren, doch muss er im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung (§ 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG) ermitteln, ob der Käufer einen Bauplatz erwerben will, um dann ggf. das Problem der Bebaubarkeit einer sachgerechten Lösung zuzuführen.
3. Neutralitätspflicht
Rz. 48
Bei seiner Amtstätigkeit muss der Notar unparteiisch und neutral die Interessen aller am Vertrag Beteiligten gleichermaßen berücksichtigen. Er darf nicht zugunsten einer der Parteien bzw. in deren Interesse mit anderen Beteiligten verhandeln. Soweit dem Notar Vertragsentwürfe zur Beurkundung vorgelegt werden, hat er diese im Hinblick auf die Ausgewogenheit zu prüfen und, soweit Risiken in zumutbarer Weise auf die eine oder andere Partei überlagert werden, diese eingehend über die übernommenen Risiken und etwaige alternative Gestaltungsmöglichkeiten zu belehren.