Dr. Joachim Wichert, Walter Krug
A. Allgemeines
Rz. 1
Schiedsgerichte in Erbsachen sind entweder
1. |
aufgrund Anordnung in einer letztwilligen Verfügung (außervertragliches Schiedsgericht) nach § 1066 ZPO oder |
2. |
aufgrund einer Schiedsvereinbarung (vertragliches Schiedsgericht) nach § 1029 ZPO |
zulässig.
Die Vorschrift des § 1066 ZPO sieht die Möglichkeit der Anordnung einer Schiedsgerichtsbarkeit durch Verfügung von Todes wegen vor. Derartige Schiedsklauseln findet man zunehmend häufiger in letztwilligen Verfügungen. Dies ist damit zu erklären, dass sowohl der Gestalter eines Testaments als auch der Testierende selbst die Vorteile erkennt, die ein Schiedsgericht im Gegensatz zu staatlichen Gerichten bietet, nämlich eine Konfliktlösung in kürzerer Zeit durch einen spezialisierten Schiedsrichter und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Möglichkeit, gerade bei großen Vermögen den langwierigen und deshalb auch kostspieligen Weg der ordentlichen Gerichtsbarkeit vermeiden zu können, ist immer häufiger ein Anliegen des testierenden Erblassers.
In Schiedsverfahren liegt in der Regel nach einer Verfahrensdauer von sechs Monaten eine rechtskräftige Entscheidung vor. Da ein Prozess im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit häufig durch mehrere Instanzen geführt wird, ist eine derart kurze Verfahrensdauer praktisch ausgeschlossen. Erbrechtliche Verfahren ziehen sich oft über Jahre hin.
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass ein Erbscheinsverfahren, das zwingend der staatlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist, nach einer Entscheidung des OLG Celle aus dem Jahr 2015 für die Dauer des Schiedsverfahrens ruhen soll. Somit wird den Beteiligten ein kostengünstiges Verfahren, welches dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegt, genommen.
Rz. 2
Darüber hinaus wird in der Regel im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit ein auf dem Gebiet des Erbrechts spezialisierter Fachmann (oder auch mehrere Fachleute) als Schiedsrichter bestimmt, was zwangsläufig zur Reduzierung möglicher Fehlentscheidungen und somit auch zur Entbehrlichkeit weiterer Instanzen führt. Schiedsverfahren sind in der Regel nicht öffentlich, was für die Parteien von wesentlichem Interesse sein kann (Vertraulichkeit der Familien- und Vermögensverhältnisse). Der dem Schiedsverfahren zugrunde liegende Beschleunigungsgrundsatz (Konzentrationsmaxime) kann im Übrigen zu einer raschen Beilegung der Streitigkeit führen.
B. Zulässigkeit und Umfang
I. Formelle Zulässigkeit
1. Letztwillige Verfügung
Rz. 3
Der Erblasser kann nach § 1066 ZPO in Form einer letztwilligen Verfügung alle oder bestimmte Streitigkeiten, die ihren Grund (Inhalt und Auslegung der Verfügung von Todes wegen) in dem Erbfall haben, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte auf ein Schiedsgericht übertragen, soweit der Streitgegenstand vergleichsfähig ist. Das Schiedsgericht kann im Rahmen seiner Bestellung entsprechend der dem Verfahren zugrunde gelegten Schiedsordnung und im Übrigen nach freiem Ermessen entscheiden. Die Grenze bilden der ordre public und die guten Sitten, §§ 1034, 1041 ZPO. Es wird lediglich ein formwirksames und auch sonst wirksames Testament oder ein Erbvertrag vorausgesetzt. Sowohl beim Erbvertrag als auch beim gemeinschaftlichen Testament gelten jedoch Besonderheiten. Über § 2299 BGB kann die Einsetzung eines Schiedsgerichts auch in einem Erbvertrag angeordnet werden. Eine vertragsmäßige Bindung hingegen ist gem. § 2278 Abs. 2 BGB nicht möglich. Handelt es sich um Streitigkeiten zwischen den Erbvertragsparteien, gelten die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO unmittelbar. Im Übrigen ist die Form des § 1031 ZPO einzuhalten. Wurde hingegen ein Vermächtnisnehmer vertragsmäßig bedacht und wird nachträglich ein Schiedsgericht eingesetzt, liegt eine Beeinträchtigung i.S.v. § 2289 BGB vor.
Auch im Rahmen eines gemeinschaftlichen Testaments handelt es sich bei der Schiedsklausel um eine einseitige und nicht um eine wechselbezügliche Verfügung.
Die Formulierung "für Streitigkeiten, die durch dieses Testament hervorgerufen sind und ihren Grund in dem Erbfall haben" ist eine hinreichend bestimmte Schiedsgerichtsanordnung. Will der Erblasser auf eine bestimmte Schiedsordnung Bezug nehmen und sie damit zum Inhalt der letztwilligen Verfügung machen, so wird teilweise empfohlen, eine solche Schiedsordnung notariell zu beurkunden, damit Testamentsform gewahrt ist. Allerdings ist eine Bezugnahme auf eine bereits bestehende und formwirksame Schiedsordnung ausreichend. Formbedürftig ist nur die Anordnung selbst.