Rz. 47

Die Erbauseinandersetzung mit Abfindung, d.h. mit einem durch einen Miterben gezahlten Spitzen- oder Wertausgleich, stellt insoweit einen entgeltlichen Vorgang dar. Keine Abfindung ist die Übernahme von Verbindlichkeiten eines Miterben über seine Erbquote hinaus.[58]

 

Rz. 48

Hinsichtlich der Übernahme von Verbindlichkeiten über die Erbquote hinaus ist die Rechtsprechung teilweise anderer Auffassung. Der IX. Senat des BFH führt in seinem Urt. v. 14.12.2004 aus, dass auch übernommene Verbindlichkeiten des Erben Anschaffungskosten darstellen, soweit sie die Erbquote übersteigen.[59] Diese Auffassung steht im Gegensatz zur Saldothese des Großen Senats vom 5.7.1990,[60] wonach solange kein entgeltliches Geschäft vorliegt, wie der Erbe bei der Auseinandersetzung nicht mehr erhält, als seine Erbquote, angewendet auf den Saldo aus Aktiv- und Passivvermögen des Nachlasses, ergibt. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil des IX. Senats über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an.[61]

[58] BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 – S-2242 – 7/06 Rn 18.
[61] BMF v. 30.3.2006, DStR 2006, 652.

aa) Betriebsvermögen

 

Rz. 49

Betrifft die Erbauseinandersetzung Betriebsvermögen, entstehen dem zahlenden Miterben Anschaffungskosten und dem Miterben, der die Zahlung erhält, ein Verkaufserlös. Gelangen die bei der Erbauseinandersetzung erworbenen Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen des Miterben, ist der Verkaufserlös nicht gem. §§ 16, 34 EStG begünstigt, sondern laufender Gewinn.[62] Bei Übertragung der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen und Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven ergibt sich ein begünstigter Aufgabegewinn gem. §§ 16, 34 EStG.[63]

 

Rz. 50

Die gezahlte Abfindung führt regelmäßig nur anteilig zu Anschaffungskosten, denn den seiner Erbquote entsprechenden Teil des Betriebsvermögens erhält der Miterbe aus dem Nachlass unentgeltlich. Der Anteil des entgeltlichen Erwerbs ergibt sich aus dem Verhältnis von Abfindungszahlung zum Teilwert des übernommenen Betriebsvermögens.[64]

 

Beispiel 5 aus dem BMF-Schreiben vom 14.3.2006

S und T sind Miterben zu je ½. Zum Nachlass gehört ein Betriebsvermögen, das aus dem Grundstück 1 (Teilwert 2 Mio. EUR, Buchwert 200.000 EUR) und dem Grundstück 2 (Teilwert 1,6 Mio. EUR, Buchwert 160.000 EUR) besteht. S erhält das Grundstück 1 und zahlt an T 200.000 EUR Abfindung. T erhält Grundstück 2 und die Abfindung. Beide bringen die Grundstücke in ein ihnen gehörendes Betriebsvermögen ein.

S stehen an dem Nachlass wertmäßig 1,8 Mio. EUR zu. Da er aber das Grundstück 1 im Wert von 2 Mio. EUR erhält, also 200.000 EUR mehr, zahlt er diesen Betrag für 1/10 (200.000 EUR / 2 Mio. EUR = 1/10) des Grundstückes 1, das er erhält. S erwirbt also 9/10 des Grundstückes 1 unentgeltlich und 1/10 entgeltlich. Auf diese 1/10 entfällt ein Buchwert von 20.000 EUR, so dass S den Grundstücksbuchwert in seiner Bilanz um 180.000 EUR aufstocken muss und T einen Gewinn von 180.000 EUR (200.000 EUR Abfindung ./. 20.000 EUR anteiliger Buchwert) als laufenden Gewinn zu versteuern hat. Im Übrigen (für 9/10 des Nachlasses) liegt eine steuerneutrale Realteilung vor.

[62] BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 – S-2242 – 7/06 Rn 14.
[63] OFD Karlsruhe v. 13.11.2006 – S. 4 Tz. 3.
[64] BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 – S-2242 – 7/06 Rn 17.

bb) Privatvermögen

 

Rz. 51

Wie bereits beim Vorliegen von Betriebsvermögen stellt die Erbauseinandersetzung unter Zahlung einer Abfindung als Spitzenausgleich insoweit einen entgeltlichen Vorgang dar. Der zahlende Miterbe hat in Höhe der Anzahlung Anschaffungskosten[65] und der Zahlungsempfänger einen Veräußerungserlös. Führt der Veräußerungserlös zu einem Gewinn, ist dieser abweichend von der Regelung beim Betriebsvermögen allerdings nur dann steuerbar, wenn die Voraussetzungen der §§ 17, 23 EStG oder § 21 UmwStG vorliegen.[66]

[65] BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 – S-2242 – 7/06 Rn 26.
[66] BMF v. 14.3.2006 – IV B 2 – S-2242 – 7/06 Rn 27.

(1) § 17 EStG

 

Rz. 52

Hiernach kann ein Veräußerungsgewinn steuerbar sein, wenn es sich um die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften handelt, an denen der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war.

 

Beispiel 11 des BMF-Schreibens vom 14.3.2006

Erblasser E, zu dessen Privatvermögen eine 50 %ige Beteiligung an einer GmbH gehörte, wird von A und B beerbt. Im Zuge der Erbauseinandersetzung erhält A die gesamte Beteiligung gegen Ausgleichung an B für dessen hälftigen Anteil.

A erlangt – auf der Grundlage getrennter Rechtsgeschäfte – die Beteiligung zum einen i.H.v. ½ (25 %) in Erfüllung seines erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs entsprechend § 11d EStDV und zum anderen bezüglich des Mehrempfangs entgeltlich von B. B erzielt in Höhe der Ausgleichszahlung einen Veräußerungserlös, der im Rahmen des § 17 EStG anzusetzen ist.

A führt die Anschaffungskosten des Erblassers zur Hälfte, nämlich für die auf ihn entfallende 25 %ige Beteiligung fort; im Übrigen ist die Zahlung des A für di...

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