Rz. 142
Steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so geht der Anspruch nach Ziff. 23.1 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 9.6.2 ADS Güterversicherung 73/84/94 i.V.m. § 45 Abs. 1 ADS 1919 auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer die zur Geltendmachung des Anspruchs erforderliche Auskunft zu erteilen und ihm die zum Beweise des Anspruchs dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz befinden, auszuliefern und ihm auch auf Verlangen eine öffentlich beglaubigte Urkunde über den Übergang des Anspruchs auszustellen; die Kosten hat der Versicherer zu tragen.
Rz. 143
Ziff. 23.1 S. 1 u. 2 DTV-Güter 2000/2011 geben wörtlich die Regelung des § 86 Abs. 1 VVG wieder. Die Entschädigungspflicht des Versicherers besteht auch dann, wenn ein Dritter den Schaden zu ersetzen hat. Bei Leistung durch den Versicherer gehen Ersatzansprüche gegen Dritte auf ihn über. Als übergangsfähige Ersatzansprüche kommen deliktische und vertragliche Ansprüche in Betracht wie Ansprüche aus Nichterfüllung, positiver Vertragsverletzung und Gewährleistung. Übergehen können auch Ausgleichsansprüche aus § 426 BGB sowie Bereicherungsansprüche, wenn sie an die Stelle eines Schadensersatzanspruchs getreten sind. In der Praxis geht es um Ansprüche gegen den Schadenverursacher, d.h. gegen Spediteur, Frachtführer, Verfrachter, Kaianstalt, Lagerhalter, Fremdverpacker oder den Lieferanten des Versicherungsnehmers. Nicht alle Ansprüche gehen über, sondern nur diejenigen, die sich auf den Schaden beziehen und in den Schutzbereich der Versicherung fallen. Ersetzt der Versicherer einen versicherten Sachschaden, so geht nur der kongruente Schadensersatzanspruch wegen Verlust oder Beschädigung auf den Versicherer über, nicht aber ein weitergehender Ersatzanspruch auf Sachfolgeschäden oder aus positiver Vertragsverletzung. Übergangsfähig ist der Anspruch des Versicherungsnehmers, bei einer Versicherung für fremde Rechnung auch der des Versicherten.
Rz. 144
In der Güterversicherung ist Dritter in der Regel der Schadenverursacher, nämlich der Spediteur, Frachtführer, Verfrachter, Lagerhalter, die Kaianstalt, das Verpackungsunternehmen oder der nicht- oder schlechterfüllende Vertragspartner des Versicherungsnehmers. Umfasst die Versicherung eine Eigen- und Fremdversicherung, kann der Versicherte Dritter sein, wenn der Versicherer nur dem Versicherungsnehmer gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und der Versicherungsnehmer Ansprüche gegen den Versicherten hat. Auch der Versicherungsnehmer kann ausnahmsweise Dritter sein, wenn er ausschließlich fremdes Interesse versichert hat. So ist die Spediteurgeneralpolice eine Güterversicherung, durch die allein das Interesse des Auftraggebers des Spediteurs versichert ist. Soweit sie keinen Regressverzicht im zulässigen rechtlichen Rahmen enthält, können Ansprüche gegen den Spediteur als Versicherungsnehmer auf den Versicherer übergehen.
Rz. 145
Voraussetzung des Übergangs ist die Leistung des Versicherers an den Versicherungsnehmer oder den Versicherten. Der Übergang hängt nicht vom Bestehen einer Leistungspflicht ab. Ansprüche gehen auch über, wenn der Versicherer irrtümlich zahlt und einen Rückforderungsanspruch hat. Auch bei einer Kulanzzahlung gehen Ansprüche auf den Versicherer über. Übergangsfähig sind nicht nur die Entschädigungsleistung, sondern auch die Schadenminderungskosten sowie sonstige Aufwendungen, nicht jedoch eigene Schadenfeststellungskosten des Versicherers.
Rz. 146
Der Anspruch geht auf den Versicherer über, soweit er den Schaden ersetzt. Ersetzt er den vollen Schaden, stehen nur noch dem Versicherer (kongruente) Regressansprüche gegen den Dritten zu. Wird nur ein Teil des Schadens ersetzt (Franchise, Unterversicherung) und bleibt der Anspruch gegen den Dritten hinter dem Schaden zurück (Mitverschulden des Versicherungsnehmers, Haftungsbegrenzung nach HGB, CMR, CIM, WA), so kommt nach ganz h.M. die Differenztheorie zur Anwendung. Sie besagt, dass der Versicherungsnehmer insoweit Gläubiger des Ersatzanspruchs bleibt, als er vom Versicherer nicht entschädigt worden ist. In Höhe der Differenz zwischen Schaden und erhaltener Entschädigung bleibt der Versicherungsnehmer Inhaber des Anspruchs gegen den Dritten. Erst wenn die Entschädigungsleistung des Versicherers und der Ersatzanspruch gegen den Dritten den Schaden übersteigen, kommt der Versicherer zum Zuge. Die Differenztheorie findet nach ganz h.M. auch für die Seeversicherung und die Binnentransportversicherung Anwendung. Begründet wird dies mit dem Wesen der Versicherung, dessen Ziel es ist, den Versicherungsnehmer ohne Rücksicht darauf zu entschädigen, ob und in welcher Höhe Regressansprüche bestehen. § 67 Abs. 1 S. 2 VVG a.F. enthalte ein allgemeingültiges Prinzip, das auc...