Rz. 45
Der Versicherungsnehmer ist nach Ziff. 15.2 DTV-Güter 2000/2011 bzw. nach Ziff. 1.5.1.3 ADS Güterversicherung 73/84/94 bei Eintritt des Versicherungsfalls zur Abwendung oder Minderung eines Schadens verpflichtet. Die Kosten der Erfüllung dieser sog. Rettungsobliegenheit kann er nach Ziff. 2.3.1.2.1 DTV-Güter 2000/2011, Ziff. 1.5.1.3 ADS Güterversicherung 73/84/94 vom Versicherer ersetzt verlangen.
Rz. 46
Beispiele für solche Aufwendungen: Die Eingehung einer Verbindlichkeit, die Beauftragung einer Fremdfirma mit der Neuverpackung beschädigter Güter, die Kosten eines Gutachters, Sachverständigen oder für erfolglose Reparaturversuche zur Vermeidung eines Totalverlustes. Auch Löschschäden an nicht versicherten Gütern können erstattungsfähig sein sowie Kosten für die Beseitigung von giftigen Stoffen, die beim Löschen eines Brandes entstanden sind.
Rz. 47
Kosten der Umladung, der einstweiligen Lagerung sowie Mehrkosten der Weiterbeförderung infolge eines Versicherungsfalls können Aufwendungen zur Schadenminderung sein. Sind sie es nicht, können sie nach Ziff. 2.3.1.3 DTV-Güter 2000/2011 oder nach Ziff. 1.5.1.2 ADS Güterversicherung 73/84/94 zu ersetzen sein. Diese Kosten können, wie Schlepp- und Bergungskosten, auch Folge von Havarie-grosse-Maßnahmen und zugleich Schadensabwendungs- oder -minderungskosten sein. Für die DTV-Güter 2000/2011 ist in Ziff. 2.3.3 nunmehr klargestellt, dass sie ohne Rücksicht darauf zu ersetzen sind, ob sie zusammen mit anderen Entschädigungen die Versicherungssumme übersteigen.
Rz. 48
Die Rettungspflicht des Versicherungsnehmers besteht bereits dann, wenn ohne Rettungsmaßnahmen ein Schaden unvermeidbar wäre, er also unmittelbar bevorsteht oder droht. Der Versicherungsnehmer soll nicht erst "nach", sondern bereits "bei" Eintritt des Versicherungsfalls Rettungsmaßnahmen ergreifen. Der Eintritt eines versicherten Schadens muss unmittelbar drohen, nicht der Eintritt einer versicherten Gefahr. Droht ein Krieg in Nahost und wählt das die Güter befördernde Schiff deshalb den Weg um Afrika statt der Passage durch den Suezkanal, sind die Mehrkosten bei Mitversicherung des Kriegsrisikos nicht zu ersetzen: Da die Gefahr dem Schaden vorausgeht, muss die Gefahr regelmäßig schon bestehen, um einen drohenden Schaden annehmen zu können.
Rz. 49
Objektiv erforderliche Aufwendungen sind stets zu ersetzen, sonstige Aufwendungen hat der Versicherer zu tragen, wenn der Versicherungsnehmer sie aus subjektiver Sicht für geboten halten durfte. Die Maßnahmen müssen aus der Sicht eines vernünftigen Versicherungsnehmers im Zeitpunkt des Handelns unter Berücksichtigung der konkreten Lage erfolgversprechend und in ihrem Aufwand nicht unverhältnismäßig sein.
Rz. 50
Ein Irrtum über das Bestehen oder den Beginn einer Rettungspflicht oder über die Tauglichkeit oder die Angemessenheit der Maßnahmen schadet dem Versicherungsnehmer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Hat ein Dritter Rettungsmaßnahmen für den Versicherungsnehmer ausgeführt, ist ein grobes Verschulden dem Versicherungsnehmer auch dann zuzurechnen, wenn der Dritte kein Repräsentant ist.
Rz. 51
Aufwendungen und Kosten hat der Versicherer nach Ziff. 2.3.2 DTV-Güter 2000/2011 und § 32 Abs. 2 S. 1 ADS 1919 auch dann zu tragen, wenn sie erfolglos bleiben.