Gunter Mühlhaus, Anne Erning
Rz. 66
Die Frage, wie die unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung steuerrechtlich zu bewerten ist, ist in der Literatur umstritten. Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben sich bisher dazu noch nicht geäußert. Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass die unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 EStG zu Buchwerten erfolgt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine Subsumtion jedoch nicht ganz unproblematisch. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG setzt grundsätzlich eine "Übertragung" voraus. Die Einräumung einer (atypischen) Unterbeteiligung stellt aus rein zivilrechtlicher Sicht keine "Übertragung" einer (Teil-) Beteiligung als eine "Verfügung" im Rechtssinn dar. Für eine weite Auslegung des Begriffs der "Übertragung" und damit auch eine Anwendung von § 6 Abs. 3 S. 1 EStG spricht jedoch, dass in der Vorschrift wörtlich auch vom "Anteil eines Mitunternehmers" und "Teil eines Mitunternehmeranteils" gesprochen wird. Diese Begrifflichkeiten entstammen dem Steuerrecht und sind im Zivilrecht nicht zu finden, geschweige denn legal definiert. Der Gesetzgeber dürfte u.E. folglich bei § 6 Abs. 3 S. 1 EStG nicht eine "Übertragung" im engeren zivilrechtlichen Sinne gemeint, sondern eher eine etwas weitere steuerrechtliche Auslegung im Sinn gehabt haben. Legt man der "Übertragung" ein weites steuerrechtliches Begriffsverständnis zugrunde, kann auch die Einräumung der Unterbeteiligung als eine "Übertragung" verstanden werden. Dies aus folgendem Grund: Der Unterbeteiligte wird bei der Einräumung der atypischen Unterbeteiligung Mitunternehmer an einer gewerblichen Personengesellschaft. Dies erfolgt in zwei Dimensionen. Zum einen im Verhältnis zum Hauptbeteiligten und zum anderen gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG auch im Verhältnis zur Hauptgesellschaft. Die Errichtung einer Unterbeteiligung ist daher steuerrechtlich einer Abtretung eines Mitunternehmeranteils an der Hauptgesellschaft gleich. Die Einräumung der Unterbeteiligung kann daher insbesondere auch nach dem Sinn und Zweck als "Übertragung" i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG beurteilt werden.
Rz. 67
Eine andere Ansicht in der Literatur vertritt die Meinung, dass die unentgeltliche Begründung einer atypischen Unterbeteiligung an einer Mitunternehmerschaft als eine Umstrukturierungsmaßnahme nach § 24 UmwStG anzusehen ist. Steuerlich wird die Einräumung einer Unterbeteiligung nach dieser Ansicht so beurteilt, dass sich über der Mitunternehmerschaft auf Ebene der Hauptgesellschaft eine weitere Mitunternehmerschaft in Form der Unterbeteiligungsgesellschaft bildet (doppelstöckige Mitunternehmerschaft). Die Unterbeteiligungsgesellschaft ist nach dieser Ansicht als Personengesellschaft i.S.d. § 24 UmwStG zu beurteilen, obwohl diese als reine Innengesellschaft über kein Gesamthandsvermögen verfügt. Diesem Gedanken folgend ist die Begründung einer atypischen Unterbeteiligung so zu beurteilen, dass der Hauptbeteiligte seinen Mitunternehmeranteil an der Hauptgesellschaft in die Unterbeteiligungsgesellschaft einbringt, an der er selbst und der Unterbeteiligte beteiligt sind. Der Unterbeteiligte ist nach dieser Ansicht gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG (unmittelbarer) Mitunternehmer der Unterbeteiligungsgesellschaft und (mittelbarer) Mitunternehmer der Hauptgesellschaft.
Rz. 68
Nach einer dritten Ansicht sind bei der Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung zwei (zeitgleich verwirklichte) Vorgänge zu unterscheiden. Ausgangspunkt ist auch hier, dass durch den Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags eine neu errichtete Unterbeteiligungsgesellschaft als Obergesellschaft der Hauptgesellschaft (doppelstöckige Mitunternehmerschaft) entsteht. Diese Struktur wird dadurch begründet, dass der Hauptbeteiligte zum einen seinen Mitunternehmeranteil "für eigene Rechnung" in diese neue Unterbeteiligungsgesellschaft einbringt. Dies gilt für den "Teilanteil", der dem Hauptbeteiligten wirtschaftlich nach Abzug der Unterbeteiligung an der Hauptbeteiligung verbleibt. Zum anderen bringt er einen Teil seines Mitunternehmeranteils "für fremde Rechnung" auf der Grundlage der Schenkung an die Unterbeteiligten ein. In der Einbringung "für eigene Rechnung" ist ertragsteuerlich nach dieser Ansicht ein Vorgang nach § 24 UmwStG und in der Einbringung "für fremde Rechnung" ein separater unentgeltlicher Übertragungsvorgang nach § 6 Abs. 3 EStG zu erblicken.
Rz. 69
Der letztgenannten Ansicht ist u.E. zu folgen, da diese der Rechtsprechung des BFH folgt. In seinem Urt. v. 14.4.2007 hat der BFH festgestellt, dass es sich aufgrund der getrennten Gesellschaftsverhältnisse bei der Unterbeteiligungs- und Hauptbeteiligungsgesellschaft um zwei voneinander zu unterscheidende Mitunternehmerschaften handelt. Dass es sich bei der Unterbeteiligungsgesellschaft lediglich um eine Innengesellschaft handelt, ist nach Ansicht des BFH ohne Belang. Vielmehr ist sie einer Außengesellschaft gleichzustellen und folglich auch gl...