1. Zumutbarkeitsfragen

 

Rz. 88

Der besondere Bedarf wird über den normalen Unterhalt hinausgehend geltend gemacht, belastet den Unterhaltspflichtigen also zusätzlich. Deshalb muss auch die Zumutbarkeit der zusätzlichen Unterhaltspflicht für den Unterhaltspflichtigen selbst, aber auch für seine Familie (Ehegatten und Kinder) geprüft werden. Daher besteht auch eine Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Zumutbarkeitsgesichtspunkt).[116]

In keinem Fall kann ein Elternteil ohne Rücksicht auf die finanziellen Interessen des anderen Elternteils eigenmächtig Kosten auslösen, die der andere Elternteil ungefragt zu zahlen hat. Dies ergibt sich dies bereits aus der Pflicht der Eltern zur gegenseitigen Rücksichtnahme; auch eine Informationsobliegenheit des betreuenden Elternteils vor Beginn der kostenträchtigen Maßnahme wird zu bejahen sein.

2. Haftungsverteilung zwischen den Eltern beim besonderen Kindesbedarf

 

Rz. 89

 

Praxistipp:

Für diese zusätzlichen Kosten haften beim Kindesunterhalt die Eltern – sofern sie leistungsfähig sind – gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig, und zwar auch beim minderjährigen Kind.[117]
Der betreuende Elternteil, der über Einkommen verfügt, wird – anders als beim Elementarunterhalt – durch die Betreuungstätigkeit nicht von seiner anteiligen Zahlungspflicht befreit.[118]
Da bei dieser anteiligen Unterhaltspflicht beider Eltern als gleichnahe Verwandte gleichrangig haften, sind sie nicht Gesamtschuldner, sondern Teilschuldner und haften nur für den auf sie entfallenden Teil des Unterhalts.
Zum schlüssigen Zahlungsantrag gegen einen Elternteil gehört daher auch die Darlegung, welcher Haftungsanteil auf den in Anspruch genommenen Elternteil entfällt.[119]
Eltern sind gegenseitig nach § 242 BGB auskunftspflichtig, um den Umfang ihrer jeweiligen Haftung bestimmen zu können.[120]
 

Rz. 90

Ist der pflichtige Elternteil nur eingeschränkt leistungsfähig, muss er den Sonderbedarf in Raten zahlen.[121]

[119] OLG Bremen, Beschl. v. 29.6.2011 – 4 WF 51/11, NJW 2011, 2596; OLG Düsseldorf ZFE 2003, 154; OLG Hamm FamRZ 2000, 904; KG FamRZ 1994, 765; OLG Koblenz FamRZ 1999, 676–677; OLG Hamm FamRZ 2003, 1025; Zöller/Vollkommer, § 323 ZPO Rn 32; Viefhues in jurisPK, § 1610 Rn 109, 827, 1001, Schwonberg in Eschenbruch/Schürmann, Unterhaltsprozess, 20120, Kap. 2 Rn 531 und 987 m.w.N.
[120] BGH v. 9.12.1987 – IVb ZR 5/87, NJW 1988, 1906–1907.
[121] OLG Düsseldorf v. 19.8.2003 – II-8 WF 186/03, ZFE 2003, 348.

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