Rz. 365
Der Ehevertrag im engen Sinne ist nach § 1408 Abs. 1 BGB ein Vertrag, in welchem die Ehegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln.
Die Praxis verwendet jedoch einen funktional erweiterten Ehevertragsbegriff i.S.e. vorsorgenden ehebezogenen familienrechtlichen Vereinbarung von Verlobten und Ehegatten zur Regelung der allgemeinen Ehewirkungen, des ehelichen Güterrechts und etwaiger Scheidungsfolgen. Sie grenzt diesen von der Scheidungsvereinbarung als übereinstimmende Regelung einer konkreten Scheidung und ihrer Folgen ab. Auch dies ist jedoch noch zu eng, da i.R.d. sog. "zweiten Spur" neben den rein ehegüterrechtlichen auch die schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Rechtsbeziehungen eine Rolle spielen.
In diesem Sinne kann man den Ehevertrag kurz als vorsorgende ehebezogene Vereinbarung bezeichnen. Unter diesen Begriff passen dann auch die "Krisen-Eheverträge", welche die familienrechtlichen Beziehungen der Krisensituation anpassen und Vorsorge für den Scheidungsfall treffen.
Rz. 366
Für den Ehevertrag im engen Sinne sowie die Regelung des Versorgungsausgleichs nach § 1408 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 ff. VersAusglG schreibt das Gesetz in § 1410 BGB und § 7 Abs. 3 VersAusglG notarielle Beurkundung und gleichzeitige Anwesenheit beider Vertragsteile vor.
Gem. § 1585c Satz 2 BGB bedarf eine Vereinbarung über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung, die vor Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, der notariellen Beurkundung. Diese kann durch einen gerichtlich festgestellten Vergleich in einem Verfahren in Ehesachen nach § 278 Abs. 6 ZPO ersetzt werden.
Rz. 367
Gleichzeitige Anwesenheit verbietet den sukzessiven Abschluss durch Angebot und Annahme, verlangt aber nicht persönliche Anwesenheit, so dass Bevollmächtigung und Genehmigung zulässig sind.
Nach Auffassung des BGH kann eine Vollmacht, die nicht unwiderruflich ist, formlos erteilt werden. Eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB und damit eine Bevollmächtigung des anderen Ehepartners ist nach wohl h.M. gleichfalls zulässig. Allerdings wird dies mitunter im Hinblick auf die nachfolgend dargestellten Entscheidungen des BVerfG und des BGH zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen angezweifelt und für unvereinbar mit dem Schutzzweck des § 1410 BGB gehalten.
Hinweis
Beim Abschluss eines Ehevertrages sollten aus Gründen der Rechtssicherheit möglichst beide Ehegatten persönlich anwesend sein.
Rz. 368
§ 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB fordert für eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns, d.h. für die Vereinbarung über die konkrete Zugewinnausgleichsforderung, die notarielle Beurkundung. Nach § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB kann sich "im Übrigen" kein Ehegatte vor Beendigung des Güterstandes verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen. Die Bedeutung dieser Vorschriften ist umstritten. Jedenfalls warnt die Praxis zu Recht davor, dass formlose Vereinbarungen der Parteien über die Bewertung von Vermögensgegenständen i.R.d. Zugewinnausgleichs oder Einigungen über eine Vorabverteilung auch unter anwaltlicher Mitwirkung unwirksam sein dürften. Erst wenn die Scheidung rechtskräftig ist oder durch Ehevertrag die Zugewinngemeinschaft beendet wurde, kann über die Ausgleichsforderung formlos verfügt werden.
Hinweis
Vorsicht ist bei formlosen Abreden über den Zugewinnausgleichsanspruch geboten. Auch bei anwaltlicher Beteiligung sind formlose Einigungen über die Bewertung einzelner Vermögensgegenstände oder über eine Vorabverteilung nicht wirksam.
Rz. 369
Nach § 1378 Abs. 3 Satz 3 BGB sind alle Vereinbarungen unwirksam, die dritte Personen außer den Eheleuten einbinden, denn nur für die Ehegatten enthält § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB eine Ausnahme vom Vereinbarungsverbot mit Formzwang. Wenn unter Einbeziehung der Dritten Abreden über die Zugewinnausgleichsforderung getroffen werden, besteht die Gefahr der Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung. So ist etwa eine Abrede unwirksam, nach welcher der Schwiegervater sich zur Zahlung einer Abfindung zur Abgeltung sämtlicher Zugewinnausgleichsansprüche gegen seine Tochter verpflichtet. Derart gefährdet sind also v.a. Vereinbarungen, mit denen zugleich Ansprüche Dritter wegen ehebezogener Zuwendungen abgegolten werden sollen.
Hinweis
Formlose Vereinbarungen über die Zugewinnausgleichsforderung unter Beteiligung Dritter sollten vermieden werden.
Seitdem i.R.d. Scheidungsvereinbarung die Vereinbarung der Gütertrennung und die Übertragungen zur Erfüllung des Zugewinns gesondert zu bewerten sind (§ 111 GNotKG), wird vielfach gewünscht, bei einem bereits anhängigen Scheidungsverfahren nur die konkrete Zugewinnausgleichsforderung nach § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB zu regeln. Eine solche Vorgehensweise erfasst jedoch nur den Zugewinn aus der konkret anhängig gemachten Scheidung und ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Insb. bei einer Rücknahme des Scheidungsantrages oder bei einem vorzeitigen Todesfall, durch den es nicht mehr zur Scheidung kommt, dürfte diese Vere...