Rz. 454
Die Herausnahme des unternehmerischen Vermögens aus der Zugewinnberechnung gänzlich oder jedenfalls im Scheidungsfall wird in der familienrechtlichen Literatur empfohlen, aber auch zugleich mit Skepsis betrachtet. Der BGH hat jedoch diese Gestaltung ausdrücklich für rechtmäßig erklärt. Die für den Ehetyp der Einverdienerehe als Leitbild geschaffenen Regelungen des Zugewinnausgleichs passen auf unternehmerisches Vermögen nicht recht.
Die Berechnung der Unternehmenswerte zeigt, dass der Scheidungsfall mit einem vollen Zugewinnausgleich für den Unternehmer zu einer erheblichen Belastung führt. Wenn er den wirklichen Wert seines Unternehmens oder – wenn das Unternehmen selbst aufgrund familiärer Zuwendung Anfangsvermögen ist – wenigstens die Wertsteigerung desselben hälftig teilen muss, so wird dies häufig das Ende des Unternehmens bedeuten. Es besteht also die Notwendigkeit einer abweichenden vertraglichen Regelung.
Rz. 455
Während Unternehmer in den vergangenen Jahrzehnten häufig die Gütertrennung anstrebten, stehen in den letzten Jahren Modifikationen der Zugewinngemeinschaft im Vordergrund. Immer mehr Gesellschaftsverträge verlangen von ihren Gesellschaftern nicht mehr die Vereinbarung der Gütertrennung, sondern begnügen sich mit der Forderung nach einem Ausschluss des Zugewinnausgleichs für das betroffene Unternehmen. Damit wird dem Nichtunternehmer-Ehegatten die Teilhabe am privaten Vermögenszuwachs nicht verwehrt.
Zudem soll der Ehegatte in vielen Fällen bei fortbestehender Ehe als Erbe vorgesehen sein, so dass § 5 ErbStG für die Wahl des Güterstandes auch hier eine Rolle spielt. Schließlich ist diese Lösung i.R.d. Beratung dem Ehegatten des Unternehmers leichter zu vermitteln, denn der Sinn, das Unternehmen zu schützen, ist am ehesten zustimmungsfähig, wollen doch schließlich beide Ehegatten von dessen Erträgen leben. Auch im Scheidungsfall soll das Unternehmen letztlich den Unterhalt erwirtschaften.
So positiv also die Lösung einer lediglich modifizierten Zugewinngemeinschaft mit Herausnahme des Unternehmens aus dem Zugewinn in der Theorie erscheint, so viele Probleme wirft diese Lösung in der Praxis auf bis hin zu dem Verdikt, dass die gängigen Vertragsmuster die Probleme der streitigen Abwicklung eines solchen partiellen Zugewinnausgleichs bei Betriebsvermögen meist nicht befriedigend zu lösen vermögen.
a) Begriff des unternehmerischen Vermögens
Rz. 456
Zunächst besteht die Schwierigkeit für den Vertragsgestalter bereits bei der Bezeichnung des vom Zugewinn ausgenommenen Vermögens. Der konkrete Gewerbebetrieb oder die konkrete Praxis sollte im Vertrag benannt werden. Dies reicht jedoch nicht aus. Denn jedenfalls an folgende Entwicklungen im "Unternehmensleben" muss gedacht werden:
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Der Unternehmer nimmt weitere Teilhaber auf und aus dem Einzelunternehmen wird eine Personengesellschaft. |
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Die bestehende Unternehmensform ist steuerlich nicht mehr interessant und das Unternehmen muss umgewandelt werden. |
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Das Unternehmen wächst und wird durch Gründung von Tochtergesellschaften etc. zu einer Unternehmensgruppe. |
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Das Unternehmen schließt sich mit anderen Unternehmen zusammen. |
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Der Unternehmer nutzt die steuerlichen Möglichkeiten einer Betriebsaufspaltung und gliedert Vermögen aus dem bezeichneten Unternehmen aus. |
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Der Unternehmer hat Sonderbetriebsvermögen, welches er einer Personengesellschaft überlässt (dieses wird damit zum Betriebsvermögen, EStR 4.2), oder Vermögen, das einer von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft langfristig überlassen, dadurch aber steuerlich nicht Betriebsvermögen wird. |
Rz. 457
Um all diese möglichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, ist es empfehlenswert, nicht einfach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Gewerbebetrieb oder die Praxis zu bezeichnen, sondern festzuhalten, dass die Regelung auch erweiternd in den o.g. Fällen oder für sonstige denkbare Änderungen gilt.
Hinweis
Bei der Definition des vom Zugewinn ausgenommenen Betriebsvermögens müssen auch etwaige Änderungen der Rechtsform aus steuerlichen oder gesellschaftsrechtlichen Gründen mitbedacht werden.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde findet man häufig die Formulierung, der Ausschluss vom Zugewinn gelte für "jegliches Betriebsvermögen". Damit verweist der Vertragsgestalter auf die steuerliche Begrifflichkeit für die betrieblichen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1–3 EStG, denn das Zivilrecht kennt keinen Begriff des Betriebsvermögens in diesem Sinne. Auch die Begrifflichke...