Rz. 104

Die Rspr. und Literatur[224] verdeutlichen das Thema der Doppelberücksichtigung von Vermögenspositionen und Schulden bei Unterhalt und Zugewinn: Nach st. Rspr. des BGH ist ein güterrechtlicher Ausgleich eines vorhandenen Vermögenswerts nicht zulässig, soweit diese Vermögensposition bereits auf andere Weise, sei es unterhaltsrechtlich oder im Wege des Versorgungsausgleichs, ausgeglichen wurde.[225]

 

Hinweis

Das Verbot der Doppelberücksichtigung von Vermögenspositionen/Abfindungen/Beteiligungen im Zugewinnausgleich und beim Unterhalt ist somit vom BGH allgemein anerkannt.

 

Rz. 105

Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei der Berücksichtigung von Schulden. Wenn die Schuld beim Zugewinnausgleich vom Endvermögen desjenigen Ehegatten abgezogen worden ist, der die Schuldentilgung übernimmt, so würde mit einer zusätzlichen Berücksichtigung der Schuldentilgung bei der Unterhaltsberechnung gleichfalls eine Doppelbelastung eintreten. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte würde je nach Konstellation[226] letztendlich den gesamten Kredit tilgen. Die Frage, ob das Verbot der Doppelberücksichtigung einer Vermögensdisposition im Zugewinnausgleich und im Unterhalt auch hinsichtlich der Schulden gilt, ist streitig. Die obergerichtliche Rspr. hat – überzeugend – teilweise entschieden, dass die Tilgungen nicht nochmals als Abzugsposten beim Unterhalt berücksichtigt werden dürfen, wenn die Schuld bereits beim Zugewinn als Passivposten eingestellt war.[227] Etwas anderes dürfte hingegen für die Zinszahlungen gelten, denn diese haben beim Zugewinnausgleich keine Berücksichtigung gefunden. In der Literatur hat diese Auffassung überwiegend Unterstützung gefunden,[228] aber auch Kritik geerntet.[229]

 

Rz. 106

Die Frage, wie die Vermögensposition zugeordnet wird, also ob sie vorrangig beim Unterhaltsrecht oder beim Güterrecht zu berücksichtigen ist,[230] kann von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein, wenn etwa der Unterhaltsanspruch wegen Wiederheirat entfällt, der Zugewinnausgleich schon verjährt ist[231] oder auf Unterhalt oder Zugewinnausgleich ehevertraglich verzichtet wurde. Zu beachten ist ferner gerade im Hinblick auf die Unternehmensbewertung, dass die Zugewinnberechnung nach Durchführung der Prognose – auch bei völlig anderer Gewinnentwicklung – unveränderlich ist; die Unterhaltsbemessung hingegen kann angepasst werden.

[224] Vgl. nur Münch, FamRZ 2006, 1164; ders., NJW 2008, 1201; Pichlmeier, NZFam 2014, 385; Scholz/Kleffmann/Kohlenberg, Praxishandbuch Familienrecht, Teil B Rn 16.
[226] Vgl. insoweit die Zusammenstellungen bei Kogel, FamRB 2005, 207 f.
[228] Gerhardt/Schulz, FamRZ 2005, 317 mit getrennter Darstellung der Schuldarten; Niepmann, FF 2005, 131 f., die danach entscheiden will, ob sich die Schuld tatsächlich auf den Zugewinn ausgewirkt hat; Kogel, FamRZ 2004, 1614, 1617; Grziwotz, FPR 2006, 485, 487; Staudinger/Thiele, BGB, § 1375 Rn 7a.
[229] Hermes, FamRZ 2007, 184, 185; Schmitz, FamRZ 2005, 1520; ders., FPR 2007, 198, 201; Wohlgemuth, FamRZ 2007, 187, 188; differenzierend Pichlmeier, NZFam 2014, 385.
[230] Für die Vorrangigkeit der Unterhaltsberücksichtigung BeckOK-BGB/Scheller/Sprink, § 1375 Rn 53; Johannsen/Henrich/Althammer/Kohlenberg, Familienrecht, § 1375 Rn 7.
[231] Eingehend Kogel, FamRZ 2004, 1614, 1615 f.

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