Rz. 350
Der Verpflichtete hat von vornherein nur einen Anspruch auf Zustimmung Zug um Zug gegen die Verpflichtung zur Freistellung von den entstehenden steuerlichen Nachteilen. Die Aufforderung zur Zustimmung muss die Form richtig bezeichnen, in der die Zustimmung zu erfolgen hat. So besteht keine Pflicht zur Unterzeichnung der Anlage U und die Zustimmungserklärung kann auch direkt ggü. dem Finanzamt abgegeben werden.
Hinweis
Die Aufforderung des Unterhaltspflichtigen muss daher lauten, die Zustimmung ihm ggü. oder direkt ggü. dem Finanzamt zu erklären und im letzteren Fall ihm von der Erklärung Mitteilung zu machen. Bei einer Umsetzung der Zustimmung in der Scheidungsvereinbarung ist zu berücksichtigen, dass die Zustimmung für jedes Steuerjahr neu zu erfolgen hat. Ggf. kann auch eine unwiderrufliche Vollmacht an den Unterhaltspflichtigen erteilt werden.
Für den Unterhaltsverpflichteten ist es dringend empfehlenswert, zuvor die Nachteile des Berechtigten abzuschätzen, denn diese können sogar die Vorteile des Realsplittings überwiegen. Hierzu wird vertreten, dass der Verpflichtete einen Auskunftsanspruch gegen den Berechtigten habe, der solche Nachteile bezeichnen müsse.
Hinweis
Vor Inanspruchnahme des Realsplittings sind die Nachteile zu überschlagen, die dies beim Berechtigten auslöst.
Als Nachteile, die zu ersetzen sind, kommen in Betracht:
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Steuernachteile bei der Einkommensteuer, da der Berechtigte die Unterhaltsleistung zu versteuern hat; dagegen kann der Verpflichtete nicht aufrechnen. Den Berechtigten trifft eine dementsprechende Darlegungspflicht; der Verpflichtete soll das Recht haben, den Nachteil anhand des Steuerbescheids des Berechtigten zu überprüfen. Zu den Nachteilen, die ersetzt werden müssen, gehören auch die Steuervorauszahlungen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, soweit sie auf der Versteuerung der Unterhaltszahlungen beruhen. |
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Heiratet der Berechtigte und wird mit seinem neuen Ehegatten zusammenveranlagt, so entsteht auch in den Fällen, in denen vorher die Unterhaltsleistung nicht zu versteuern war, z.B. weil sie unter dem Grundfreibetrag lag, eine Steuer. Diesen Nachteil, der aus der Zusammenveranlagung resultiert und dem auch Vorteile der Versteuerung nach dem Splittingtarif beim neuen Ehegatten gegenüberstehen, hat der Unterhaltspflichtige nach Ansicht des BGH nicht zu erstatten, da sonst der Nachteilsausgleich unkalkulierbar würde. |
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Umstritten ist der Ersatz von Steuerberatungskosten. Nach Meinung des BGH sind diese i.d.R. nicht erstattungsfähig. Nur wenn der Steuerpflichtige den Fall nach Aufwand und erforderlicher Sachkunde unter Hinzuziehung der Finanzverwaltung nicht bewältigen kann, etwa beim erstmaligen Hinzutreten der Unterhaltsleistung zu anderen Einkünften, soll ausnahmsweise ein Ersatzanspruch bestehen. |
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Von einem Ausgleich sonstiger Nachteile kann der Unterhaltsberechtigte seine Zustimmung nur abhängig machen, wenn er diese Nachteile im Einzelfall substanziiert darlegt. Zu den sonstigen Nachteilen hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung insb. finanzielle Auswirkungen gerechnet, die sich aus den Gesetzen außerhalb des Einkommensteuerrechts ergeben, etwa weil diese bei der durch das Realsplitting gegebenen Höhe des zu versteuernden Einkommens eine Kürzung oder den Entzug öffentlicher Leistungen vorsehen. |
So werden dadurch, dass Unterhaltszahlungen beim Realsplitting als Einkünfte gewertet werden, die Grenzen bestimmter Sozialleistungen überschritten, etwa bei Wohnungsbauprämien, Sparprämien, Arbeitnehmersparzulagen oder Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz, ggf. auch Stipendien oder Kindergartenbeiträgen.
Bei getrennt lebenden Ehegatten kann das Privileg der Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 SGB V entfallen. Der in der Zahlung eigener Beiträge bestehende Nachteil müsste dann ausgeglichen werden.
Rz. 351
Sofern die Nachteilsausgleichung unkalkulierbar wird, können die Vertragsparteien eine Vereinbarung über den Nachteilsausgleich beim Realsplitting treffen.
Die Rspr. will einerseits diesen Anspruch auf Nachteilsausgleich i.R.d. § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO einer gesetzlichen Unterhaltsrente gleichstellen, so dass dieser Anspruch unpfändbar ist und gegen ihn wegen § 394 BGB nicht aufgerechnet werden kann.
Andererseits sieht der BGH den Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht als Unterhaltsanspruch i.S.d. § 1585b Abs. 3 BGB an, sondern als Anspruch eigener Art, auf den diese Vorschrift nicht anwendbar sei. Begründet wird dies damit, dass dieser Anspruch gerade nicht der Befriedigung von Lebensbedürfnissen in einem bestimmten Zeitraum diene. Daher unterliegt der Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht der Verwirkung nach dieser Vorschrift, sondern kann auch später noch geltend gemacht werden. Der BGH sieht eine Verwirkung nach allgemeinen Kriterien auch nach einigen Jahren noch nicht, da sich der Unterhaltspflichtige auf den Nachteilsausgleich habe einstellen können und dieser Nachteilsausgleich häufig erst du...