Rz. 223
I.R.d. § 1578b BGB ist besonders zu beachten, dass die Befristung nicht erst bei Fristablauf eingewendet werden darf, sondern bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen schon beim ersten Unterhaltstitel berücksichtigt werden muss, denn sonst ist der Einwand der Befristung später nach § 323 Abs. 2 ZPO bzw. § 238 Abs. 2 FamFG präkludiert. Es ist dann weder eine Abänderungsklage noch eine Vollstreckungsgegenklage möglich. Daher sollte in jedem Verfahren die Befristung nach § 1578b BGB entweder geltend gemacht werden oder im Urteil niedergelegt sein, dass eine Prognose über eine Befristung noch nicht getroffen werden konnte, um eine Präklusion zu vermeiden. Eine Präklusion tritt nicht ein, wenn das Ausgangsgericht über die Berücksichtigung vorgetragener Umstände nicht abschließend entscheiden wollte oder solche Umstände übersehen und deshalb nicht in seine Entscheidung einbezogen hat und diese Umstände nicht schon in anderer Hinsicht rechtliche Bedeutung erlangt haben.
Rz. 224
Für den Anwalt des Unterhaltsverpflichteten stellt dies eine Haftungsfalle dar. Im Unterhaltsprozess muss er bereits im ersten Verfahren die Befristung vortragen.
Hinweis
Jeder anwaltliche Vertreter eines Unterhaltsverpflichteten muss an einen Vortrag zur Befristung des Unterhaltsanspruchs denken. Wenn eine Prognose nicht möglich ist, sollte das Urteil einen Hinweis darauf enthalten, um eine spätere Präklusion zu vermeiden.
Rz. 225
Auf die notarielle Urkunde findet ebenso wie auf einen gerichtlichen Vergleich die Präklusionsnorm des § 323 Abs. 2 ZPO bzw. des § 238 Abs. 2 FamFG keine Anwendung. Da allein der Wille der Parteien Grundlage z.B. notarieller Urkunden ist, richtet sich eine Abänderung ausschließlich nach materiellem Recht, wie § 323a ZPO und § 239 FamFG klarstellen. Demnach wäre eine Änderung einer notariellen Urkunde ohne Rücksicht auf die Präklusion nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB erreichbar.
Allerdings wird auch bei notariellen Vereinbarungen eingewandt, dass eine Abänderung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage ausscheidet, wenn bereits bei Beurkundung hinreichend Anlass besteht, an eine Begrenzung zu denken, weil die Voraussetzungen entweder schon vorlagen oder aber wenigstens vorhersehbar waren. Nach Auffassung des BGH ist bei einer erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts in einem Unterhaltsvergleich im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offen halten wollten. Damit ergibt sich für den BGH die Möglichkeit der späteren Befristung schon aus der Auslegung des Unterhaltsvergleichs, ohne dass es auf eine Störung der Geschäftsgrundlage ankommt.
Für Unterhaltsvergleiche und -urkunden gilt die eigene Abänderungsvorschrift des § 239 FamFG, die inhaltlich dem § 323a ZPO gleicht. Danach kommt es in erster Linie darauf an, ob die Parteien selbst Voraussetzungen für die Abänderung vereinbart haben; ansonsten greifen die Regelungen der Störung der Geschäftsgrundlage.
Hinweis
Bei jedem Zahlungstitel ist an die immanente Befristung etwa in § 1570 BGB oder an die Befristungs- und Beschränkungsmöglichkeiten des § 1578b BGB zu denken. Es ist zu empfehlen, die Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit der Vorschrift ausdrücklich festzuhalten.
Der Verweis auf die gesetzlichen Befristungsvorschriften geht aber vielen Beteiligten wegen der damit verbundenen Unsicherheit nicht weit genug, so dass oft eine ausdrückliche terminliche Befristung gewünscht wird.
Ein besonderes Augenmerk ist der Frage zu widmen, ob die Unterhaltsvereinbarung spätere Abänderungen zulässt oder sie ausschließt. Wird die Befristung nicht angesprochen, so geht der BGH davon aus, dass sie nicht geregelt ist und neben dem Vergleich die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften anwendbar sind.
Selbst wenn die Parteien eine Herabsetzung und Befristung ausgeschlossen haben, zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung die streitgegenständliche Befristung oder die Bedeutung der Ehedauer i.R. von Billigkeitsentscheidungen aber rechtlich noch gar nicht vorgesehen war, so sieht der BGH dadurch den Anwendungsbereich für die Störung der Geschäftsgrundlage eröffnet. Auch bei einem vom Unterhaltsrecht losgelösten eigenständigen Leistungsversprechen will der BGH prüfen, ob nicht das bei Abschluss der Vereinbarung geltende gesetzliche Recht als Geschäftsgrundlage für die novierende Vereinbarung anzusehen ist mit der Folge, dass sogar eine solche Vereinbarung einer Störung der Geschäftsgrundlage unterliegen könnte.
Einen Verzicht auf die Abänderung der Vereinbarung wegen späterer Rechtsänderungen (Gesetz oder Rspr.) hält der BGH zwar wohl für möglich, will aber auch für diese Klausel dann eine Störung der Geschäftsgrundlage prüfen. Im Blick auf die Vertragsfreiheit der Parteien und die gerade bei Scheidungsvereinbarungen oft vorgenommene Gesamtabrechnung sind solche Bestrebungen zur Anpassung von einmal einvernehmlich unabänderlich fe...