Rz. 36
Von sich aus ist der Arbeitnehmer bei der Einstellung zur Offenbarung bestimmter, für den Arbeitgeber interessanter Tatsachen grds. nicht verpflichtet. Etwas anderes gilt nur dann, sofern die verschwiegenen Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder zumindest für den Arbeitsplatz von entscheidender Bedeutung sind (BAG v. 21.2.1991 – 2 AZR 449/90, NZA 1991, 719 = NJW 1991, 2723; BAG v. 8.9.1988, NZA 1989, 178 = DB 1989, 585). So wird ein Kraftfahrer, auch ohne dass er danach gefragt worden wäre, von sich aus mitzuteilen haben, dass ihm der Führerschein für einige Zeit nach Vertragsbeginn noch entzogen ist. Überdies muss der Bewerber ungefragt auf aus früheren Beschäftigungen resultierenden Wettbewerbsverboten hinweisen (Küttner/Kreitner, Personalbuch, Auskunftspflichten Arbeitnehmer, Rn 12).
Rz. 37
Auch ein Schwerbehinderter ist dann von sich aus verpflichtet, seine Schwerbehinderung oder seine Gleichstellung mit Schwerbehinderten zu offenbaren, wenn er erkennen muss, dass er wegen eben der Behinderung, die der Anerkennung zugrunde liegt, die vorgesehene Arbeit nicht zu leisten vermag (BAG v. 5.10.1995 – 2 AZR 923/94, NZA 1996, 371 = DB 1996, 580; BAG v. 1.8.1985, NZA 1986, 635 = DB 1986, 2238). Kann er die für ihn vorgesehenen Arbeitsleistungen ohne Weiteres erfüllen, besteht eine Pflicht zum Hinweis auf eine Schwerbehinderung selbst bei noch andauerndem Bezug einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente nicht (LAG Düsseldorf v. 6.3.1991 – 4 Sa 1615/90, NZA 1991, 674). Auch muss ein Arbeitnehmer seinen Gesundheitszustand bei den Einstellungsverhandlungen nur dann ungefragt offenbaren, wenn er damit rechnen muss, infolge einer bereits vorliegenden Krankheit seiner Arbeitspflicht im Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses nicht nachkommen zu können (BAG v. 7.2.1964 – 1 AZR 251/63, DB 1964, 555 = NJW 1964, 1197).
Rz. 38
Nach einer Entscheidung des LAG Frankfurt am Main (NZA 1987, 352) hat ein Arbeitnehmer, der sich um eine Daueranstellung bewirbt, von sich aus und ungefragt die rechtskräftige Verurteilung zu einer demnächst zu verbüßenden mehrmonatigen Freiheitsstrafe dem Arbeitgeber zu offenbaren. Die Auffassung des LAG Frankfurt am Main erscheint nicht unbedenklich, da hier eine spätere Kündigung des Arbeitnehmers wegen Strafantrittes nicht gesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. auch Moritz, NZA 1987, 323, 324 f.). Überdies steht dem Arbeitgeber in beschränktem Umfang ein entsprechendes Fragerecht zu. Demzufolge hat auch das ArbG Münster entschieden, dass eine Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers bei Vorstrafen nicht besteht (ArbG Münster v. 20.11.1992 – 3 Ca 1459/92, NZA 1993, 461 = BB 1993, 1592).
Rz. 39
Eine Schwangerschaft muss von der Frau nicht offenbart werden. Die Rspr. des BAG, wonach eine Mitteilungspflicht der Frau bestehe, wenn sie die vorgesehene Arbeit wegen der Schwangerschaft nicht leisten könne (BAG v. 8.9.1988 – 2 AZR 102/88, NZA 1989, 178 = DB 1989, 585) ist aufgegeben worden (BAG v. 6.2.2003 – 2 AZR 621/01, NZA 2003, 848 = DB 2003, 1795; LAG Köln v. 11.10.2012 – 6 Sa 641/12).
Rz. 40
Gibt eine transsexuelle Person, deren Geschlechtsumwandlung noch nicht erfolgt ist, ihr (noch) wahres Geschlecht ungefragt nicht an, liegt darin keine arglistige Täuschung i.S.d. § 123 Abs. 1 BGB (BAG v. 21.2.1991 – 2 AZR 449/90, NZA 1991, 719 = DB 1991, 1934).