Rz. 13
Für Arbeitsverträge gelten ferner die Formvorschriften des BGB. Grds. ist der Arbeitsvertrag gem. § 105 GewO formfrei wirksam. Daran hat auch die am 1.8. 2022 in Kraft getretene Erweiterung und Verschärfung der Regelungen des NachwG nichts geändert. Hiernach besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers, die in § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG aufgeführten wesentlichen Vertragsbedingungen (u.a. Name und Anschrift der Vertragsparteien; Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses; bei befristeten Arbeitsverhältnissen Enddatum oder Dauer; kurze Beschreibung der Tätigkeit; Probezeit; Vergütung; Arbeitszeit sowie Pausen; Möglichkeit der Anordnung von Überstunden; Urlaubsdauer sowie das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren, d.h. Hinweis auf das Schriftformerfordernis der Kündigung, auf die Kündigungsfristen sowie auf die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage) niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Die wesentlichen Vertragsbedingungen sind schriftlich niederzulegen, der Nachweis in elektronischer Form ist gem. § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG ausgeschlossen. Die Niederschrift dient der Information des Arbeitnehmers, die ihm sichere Auskunft über den Inhalt des Arbeitsvertrags geben soll (ErfK/Preis, § 2 NachwG Rn 1). Gem. § 4 NachwG stellt die Verletzung der Nachweispflicht eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden kann. Obwohl es sich bei den vorstehend skizzierten Regelungen des NachwG um zwingendes Gesetzesrecht handelt, stellt der Nachweis kein konstitutives Wirksamkeitserfordernis für den Abschluss des Arbeitsvertrags dar, sodass der Arbeitsvertrag auch ohne (vollständigen) Nachweis wirksam ist (BeckOK-ArbR/Besgen, NachwG § 2 Rn 4).
Rz. 14
Ist durch Gesetz die Schriftform für das Rechtsgeschäft als solches vorgeschrieben, haben die Parteien die Arbeitsvertragsbedingungen, für die der Formzwang gilt, in einer Urkunde gem. § 126b BGB niederzulegen, die Vertragsparteien haben die Urkunde eigenhändig gem. § 126 BGB zu unterzeichnen. Eine Nichtbeachtung führt gem. § 125 BGB zur Nichtigkeit. Da gem. § 2 EGBGB jede Rechtsnorm ein Gesetz i.S.d. BGB darstellt, fallen auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen unter diese Vorschrift (BAG v. 7.12.1977 – 4 AZR 383/76, AP Nr. 5 zu § 4 BAT; BAG v. 15.11.1957 – 1 AZR 189/57, AP Nr. 2 zu § 125 BGB).
Rz. 15
Soweit das Gesetz eine Schriftform verlangt, ist zunächst zu prüfen, ob es sich um einen konstitutiven Formzwang oder nur um eine deklaratorische Formvorschrift handelt. Lediglich die Nichteinhaltung einer konstitutiven Formvorschrift führt zu einer Nichtigkeit des Arbeitsvertrages. Es ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein konstitutives oder nur ein deklaratorisches Schriftformerfordernis vereinbart ist. Führt die Auslegung zu keinem Ergebnis, so greift die Vermutung des § 125 S. 2 BGB ein, wonach das rechtsgeschäftliche Formerfordernis im Zweifel konstitutive Bedeutung hat (BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, NZA 2008, 1233 = DB 2008, 2365).
Rz. 16
Tarifliche Formvorschriften für die Vertragsbegründung sind überwiegend nur deklaratorischer Art und dienen Beweiszwecken (BAG v. 10.6.1988 – 2 AZR 7/88, NZA 1989, 21 = DB 1988, 2004).
Rz. 17
Die Formvorschrift des § 11 BBiG (Berufsausbildungsverhältnis) ist ebenfalls deklaratorischer Natur. Es liefe dem Schutzzweck des § 11 BBiG zuwider, wenn der Ausbilder es in der Hand hätte, sich aus einem zunächst wirksam geschlossenen Ausbildungsvertrag durch Nichterfüllung des Schriftformgebotes wieder zu lösen. An dieser Rechtslage hat das NachwG ebenfalls nichts geändert (BAG v. 21.8.1997 – 5 AZR 713/96, NZA 1998, 37 = DB 1997, 2619). Dagegen handelt es sich bei der Vereinbarung einer Befristung des Arbeitsverhältnisses gem. § 14 Abs. 4 TzBfG (BAG v. 14.12.2016 – 7 AZR 797/14, juris; BAG v. 23.6.2004 – 7 AZR 636/03, NZA 2004, 1333 = DB 2004, 2585) sowie bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gem. § 74 Abs. 1 HGB (BAG v. 15.1.2014 – 10 AZR 243/13, juris; ErfK/Oetker, § 74 HGB Rn 14) um konstitutive Wirksamkeitserfordernisse.
Rz. 18
Die Schriftform für den Vertragsabschluss kann auch einzelvertraglich vereinbart werden. War das Erfordernis konstitutiv und nicht nur deklaratorisch gemeint, gelten gem. § 127 Abs. 1 BGB die für die gesetzliche Schriftform aufgezeigten Grundsätze entsprechend, sodass der nicht in Schriftform gefasste mündliche Arbeitsvertrag wegen § 125 S. 2 BGB nichtig ist (BGH v. 11.10.1967 – VIII ZR 76/65, BB 1967, 1309 = NJW 1968, 32). Zur Wahrung der gewillkürten Schriftform genügt jedoch gem. § 127 Abs. 2 BGB die telekommunikative Übertragung und bei einem Vertrag der Austausch eines Briefwechsels, soweit nicht ein anderer Wille festzustellen ist. Die gewillkürte Form kann von den Parteien jederzeit formlos aufgehoben werden (BAG v. 4.6.1963, BB 1963, 977 = AP Nr. 1 zu § 127 BGB). Dies ist auch stillschweigend möglich (BAG v. 10.1.1989 – 3 AZR 460/87, NZA 1989, 797 = DB 1989, 1628). In vorformulierten Arbeitsverträgen sind dem Schriftformerf...