Rz. 38
Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem unzulässigen Diskriminierungsmerkmal in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, § 3 Abs. 3 AGG. Auch für die Belästigung hat der EuGH entschieden, dass im Fall einer Behinderung, nicht nur die Person geschützt wird, die selbst behindert ist, sondern auch ein nichtbehinderter Arbeitnehmer, der ein behindertes Kind versorgen muss (EuGH v. 17.7.2008 – C 303/06). Im Gegensatz zur unmittelbaren Benachteiligung muss der von der Belästigung Betroffene nicht unbedingt im Vergleich zu anderen Personen bzw. hypothetischen Personen schlechter gestellt werden, es genügt, dass ein Angriff auf dessen Persönlichkeit vorliegt. Das Unrecht liegt bei der Belästigung in der Handlung selbst und kann deshalb ohne vergleichende Betrachtung festgestellt werden (Annuß, BB 2006, 1629, 1632). Eine Belästigung kann sowohl durch verbale als auch durch nonverbale Verhaltensweisen begründet werden (BR-Drucks 329/06, 34). Verbal z.B. durch Verleumdungen, Beleidigungen und abwertende Äußerungen oder Anfeindungen. Nonverbal z.B. durch Gesten, Blicke, Zeigen oder körperlichen Übergriffe (ErfK/Schlachter, § 3, AGG Rn 16). Unerwünscht ist eine Verhaltensweise, wenn der Handelnde aus Sicht eines objektiven Beobachters davon ausgehen konnte, dass sein Verhalten unter den gegebenen Umständen von den Betroffenen nicht erwünscht oder auch nicht akzeptiert wurde (BT-Drucks 16/1780, 33). Das unerwünschte Verhalten muss bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Dafür reichen geringfügige Eingriffe nicht aus (BT-Drucks 17/1780, 33). Eine Verletzung der Würde ist daher nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin mehrmals auffordert, einen Deutschkurs zu besuchen. Eine derartige Aufforderung stellt keine Belästigung i.S.v. § 3 Abs. 3 AGG dar (LAG Schleswig-Holstein v. 23.12.2009 – 6 Sa 158/09, n.v.). Andererseits muss ein Eingriff aber auch nicht zu einer Verletzung der Menschenwürde i.S.d. Art. 1 GG führen. Es reicht die Geeignetheit der Verletzung der Menschenwürde aus (BT-Drucks 16/1780, 33). Als Maßstab für die Schwere des Eingriffs in die Würde der betreffenden Person dient das feindliche Umfeld, das aus Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen entsteht (ErfK/Schlachter, § 3, AGG Rn 17).
Rz. 39
Der Begriff der Belästigung entspricht dem Begriff des "Mobbings", soweit er sich lediglich auf die Benachteiligungen aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe bezieht. Wesensmerkmal der als "Mobbing" bezeichneten Form der Rechtsverletzung des Arbeitnehmers ist die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen/Verhaltensweisen zusammensetzende Verletzung, wobei den einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen für sich allein betrachtet oft keine rechtliche Bedeutung zukommt (BAG v. 16.5.2007 – 8 AZR 709/06, NZA 2007, 1154; BAG v. 25.10.2007, NZA 2008, 223).