Rz. 80
§ 9 TzBfG vermittelt dem Arbeitnehmer einen echten Anspruch auf Vertragsänderung. Der Gesetzgeber hat unterstellt, dass die Bereitschaft zum Wechsel in Teilzeit gesteigert wird, wenn dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Rückkehr zu einer erhöhten Arbeitszeit eingeräumt wird. Er soll sich nicht aus der Befürchtung heraus, auf unabsehbare Dauer in Teilzeit verbleiben zu müssen, von einer Verringerung seiner Arbeitszeit abhalten lassen. §§ 8 und 9 TzBfG bezwecken damit im Zusammenspiel die Flexibilisierung der individuellen Arbeitszeit innerhalb eines im Übrigen unverändert bestehenden Arbeitsverhältnisses. Zuletzt hat der Gesetzgeber aus demselben Grund noch die Möglichkeit zur befristeten Teilzeit – sog. Brückenteilzeit – in § 9a TzBfG hinzugefügt (siehe dazu § 13).
Rz. 81
Der Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrages besteht nur bis zur Besetzung der fraglichen Stelle. Anschließend ist die Stelle nicht mehr frei, so dass es für einen Fortbestand des Anspruchs an einer Tatbestandsvoraussetzung des § 9 TzBfG fehlt. Mit der (anderweitigen) Besetzung der Stelle erlischt also der Anspruch – ebenso mit der Entscheidung, die Stelle nicht zu besetzen (siehe dazu oben Rdn 58). Je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls kann der Anspruch sogar bereits mit Abschluss des Besetzungsverfahrens oder gar mit Erreichen eines im Rahmen der Stellenausschreibung festgelegten Bewerbungsschlusses erlöschen (strittig; s.o. Rdn 48 f.).
Rz. 82
Selbst nach der Stellenbesetzung noch den Erfüllungsanspruch aus § 9 TzBfG für durchsetzbar zu halten, verstieße dagegen nicht nur gegen den Wortlaut der Norm ("freier" Arbeitsplatz), sondern löste vor allem auch eine unerträgliche Rechtsunsicherheit betreffend jede Stellenbesetzung aus, die auch noch primär auf dem Rücken des Stelleninhabers als eines letztlich am Rechtsstreit unbeteiligten Dritten ausgetragen würde. Der Arbeitgeber kann nie ausschließen, dass er die Verlängerungswünsche eines Teilzeitbeschäftigten missachtet hat, vor allem dann nicht, wenn er den Wunsch zur Kenntnis genommen, eine Pflicht zur Bevorzugung aber nach gewissenhafter Prüfung ausgeschlossen hat. Gerade ein solcher Fall kann über Schadenersatzansprüche gelöst werden, nicht aber über eine denkbare Pflicht, den fraglichen Arbeitsplatz wieder freikündigen zu müssen. Auch der unter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Pflicht aus § 9 TzBfG eingestellte Stelleninhaber genießt (Bestands-)Schutz, und zwar auch bereits während seiner Probezeit.
Rz. 83
Dagegen spricht auch nicht der Rechtsgedanke des § 162 BGB. Allenfalls im Ausnahmefall wird man annehmen dürfen – und wird der insoweit wohl vortrags- und beweisbelastete Teilzeitbeschäftigte beweisen können – dass der Arbeitgeber die Bevorzugung wider Treu und Glauben durch die anderweitige Besetzung der Stelle verhindert habe. Für Fehleinschätzungen oder für schwierige Entscheidungen, die die Arbeitsgerichtsbarkeit in erster, zweiter oder erst dritter Instanz nach Befassung zahlreicher Arbeitsrechtsexperten für fehlerhaft hält, kann ein solches Unwerturteil jedenfalls nicht gelten.