Rz. 99
Haben die Ehegatten das Modell der Vor- u. Nacherbschaft gewählt, so sollte zunächst bedacht werden, dass bei einer nicht befreiten Vorerbschaft bereits eine Absicherung der zu Nacherben bestimmten Abkömmlinge vorhanden ist. Im Einzelnen bieten sich bei der Vor- und Nacherbfolge folgende Möglichkeit einer Gestaltung der Wiederverheiratungsklausel an:
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bei befreiter Vorerbschaft wird der Überlebende nicht befreiter Vorerbe, |
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der Nacherbfall tritt mit dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung ein, |
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der Nacherbfall tritt mit dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung ein und der überlebende Ehepartner erhält vermächtnisweise den Nießbrauch am Nachlass oder |
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es tritt gesetzliche Erbfolge ein und der auf den Ehepartner entfallende Bruchteil wird von der Nacherbfolge frei. |
1. Wiederverheiratungsklausel bei befreiter Vorerbschaft
Rz. 100
Besteht eine nach § 2136 BGB befreite Vorerbschaft des überlebenden Ehegatten, so bietet sich als geringstem Eingriff die Möglichkeit an, durch die Bedingung der Wiederverheiratung eine nicht befreite Vorerbschaft eintreten zu lassen. Da die Anordnung der Befreiung des Vorerben gemäß § 2136 BGB grundsätzlich wie jedes Rechtsgeschäft auch unter einer auflösenden Bedingung (Wiederverheiratung) erfolgen kann, bestehen hiergegen grundsätzlich keine Bedenken. Nieder schlägt in diesem Zusammenhang vor, die Rechte der Nacherben weiter durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ab dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung zu sichern.
Rz. 101
Muster 19.20: Wiederverheiratung als aufschiebende Bedingung für nicht befreite Vorerbschaft
Muster 19.20: Wiederverheiratung als aufschiebende Bedingung für nicht befreite Vorerbschaft
Für den Fall, dass sich der überlebende Ehegatte wiederverheiratet entfällt die Befreiung von den gesetzlichen Beschränkungen des § 2136 BGB. Mit Eintritt der Wiederverheiratung wird der überlebende Ehegatte nicht befreiter Vorerbe. Im Übrigen bleibt es bei den getroffenen Bestimmungen.
Die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfüllt den Tatbestand dieser Klausel nicht.
Rz. 102
Um die Rechte der Nacherben und die Beachtung der zu ihrem Schutz geltenden Beschränkungen zu sichern, kann die Überwachung der Verfügungsbeschränkungen, Mitwirkungs-, Kontroll- und Sicherungsrechte der Nacherben durch die Anordnung einer zusätzlichen Nacherbentestamentsvollstreckung gemäß § 2222 BGB ab dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung einem Testamentsvollstrecker übertragen werden. Bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers bietet es sich an, dass jeder Ehepartner für den Fall seines Vorversterbens einen eigenen Testamentsvollstrecker benennt. Zu beachten ist dabei, dass der Nacherbenvollstrecker keine Verfügungsbefugnis und somit keine Verwaltungsrechte an den der Vorerbschaft unterliegenden Gegenständen hat.
Rz. 103
Muster 19.21: Wiederverheiratung als Bedingung für die Nacherbentestamentsvollstreckung
Muster 19.21: Wiederverheiratung als Bedingung für die Nacherbentestamentsvollstreckung
Ab dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung ordnet der Erstversterbende Nacherbentestamentsvollstreckung i.S.v. § 2222 BGB an. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, die Rechte und Pflichten der Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalles in vollem Umfang wahrzunehmen. Zum Testamentsvollstrecker benennen wir für den Fall, dass der Ehemann vorverstirbt, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, für den Fall, dass die Ehefrau vorverstirbt, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, ersatzweise soll _________________________ einen Testamentsvollstrecker benennen, wiederum ersatzweise soll das Nachlassgericht jeweils einen geeigneten Testamentsvollstrecker benennen.
Die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfüllt den Tatbestand dieser Klausel nicht.
2. Wiederverheiratung als Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls
Rz. 104
Eine weitere Variante einer Wiederverheiratungsklausel besteht darin, mit der Wiederverheiratung eine zusätzliche Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls zu setzen. Das heißt, dass der Nacherbfall nicht nur mit dem Tod des überlebenden Ehegatten, sondern auch mit seiner Wiederverheiratung eintreten soll. Zu beachten ist hier, dass nicht die Nacherbfolge bedingt ist, sondern der Eintritt der Nacherbfolge. Ferner ist dafür Sorge zu tragen, dass der überlebende Ehepartner durch den Eintritt des Nacherbfalls nicht alles verliert, auch nicht seinen Pflichtteil, da andernfalls von einer Sittenwidrigkeit derartiger Regelungen ausgegangen werden muss (vgl. Rdn 84 ff.). Dies kann dergestalt erfolgen, dass dem überlebenden Ehepartner vermächtnisweise ein Nießbrauch am Nachlass eingeräumt wird oder ein Geld- bzw. Rentenvermächtnis.
Rz. 105
Muster 19...