1. Allgemeines
Rz. 45
Anders als bei der Einheits- oder Trennungslösung werden die erst im Schlusserbfall Bedachten bei der Nießbrauchslösung gleich zu Erben eingesetzt. Dabei können die Abkömmlinge der Ehegatten entweder ganz oder zusammen mit dem überlebenden Ehegatten in Erbengemeinschaft eingesetzt werden. Der überlebende Ehepartner erhält zusätzlich ein Nießbrauchsvermächtnis am (gesamten) Nachlass oder aber auch nur an einzelnen Nachlassgegenständen wie z.B. den Immobilien. Die Verteilung des Nachlasses mit einer gleichzeitigen Anordnung des Nießbrauchs zugunsten des überlebenden Ehepartners hat seit dem Wegfall des § 25 ErbStG bei größeren Vermögen wieder Bedeutung erlangt. Auch sollte berücksichtigt werden, dass der Vermächtnisnehmer den Nießbrauch an bestimmten Gegenständen annehmen und an anderen ablehnen kann.
2. Umfang und Inhalt des Nießbrauchsvermächtnisses
Rz. 46
Bei der Anordnung des Nießbrauchsvermächtnisses sollte eine genaue Regelung darüber getroffen werden, wer die Instandhaltung, die privaten und öffentlichen Lasten und wer die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen der jeweiligen Nachlassgegenstände zu tragen hat. Der Nießbrauchsberechtigte hat gemäß §§ 1030 ff. BGB das Recht, den Nießbrauchsgegenstand in Besitz zu nehmen, zu verwalten und die Nutzungen zu ziehen. Aufgrund des zwischen Eigentümer und Nießbrauchsberechtigtem bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses ist der Nießbrauchsberechtigte verpflichtet, die laufenden privaten und öffentlichen Lasten zu tragen und die gewöhnlichen Erhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen zu übernehmen.
3. Außergewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen
Rz. 47
Grundsätzlich ist aber weder der Nießbraucher (§ 1047 BGB) noch der Eigentümer verpflichtet, die außergewöhnlichen Ausbesserungs- und Erhaltungsmaßnahmen zu tragen. Aufgrund der Tatsache, dass der Eigentümer gegenüber dem Nießbrauchsberechtigten nur zur Duldung verpflichtet ist, können dem Eigentümer keine weiteren Unterhaltungsverpflichtungen mit dinglicher Wirkung auferlegt werden. Will der Erblasser den Erben zur Lastentragung verpflichten, so kann er dies durch die Anordnung eines Vermächtnisses tun, da der Eigentümer rein schuldrechtlich zu Leistungen verpflichtet werden kann.
Bei der steuerlichen Bewertung des Nießbrauchs ist grundsätzlich vom dem Nießbrauch unterliegenden Rohertrag, also einer "Brutto-Größe", auszugehen. Dies wird allerdings nur der Situation des Netto-Nießbrauchs (bei dem alle Aufwendungen vom Eigentümer zu tragen sind) gerecht. Sind allerdings die Erhaltungskosten des nießbrauchsbelasteten Gegenstandes vom Nießbraucher zu tragen, muss konsequenterweise der Nettoertrag (nach Abzug der Aufwendungen des Nießbrauchers) der Kapitalisierung zugrunde gelegt werden.
Rz. 48
Abweichungen von den gesetzlichen Lastentragungspflichten sind aber nicht uneingeschränkt möglich, in gewissen Fällen – nicht nur aus steuerlichen Gründen – jedoch durchaus sinnvoll. So kann dem Nießbrauchsberechtigten bspw. die Tragung der außergewöhnlichen Lasten (Ausbesserungen und Erneuerungen) auferlegt werden, wenn neben Immobilien noch genügend Barvermögen im Nachlass vorhanden ist und der Überlebende damit die Erhaltungskosten bestreiten kann. Besteht der Nachlass allerdings im Wesentlichen aus einer Immobilie oder erhält der überlebende Ehegatte nur an dieser den Nießbrauch, dann ist der überlebende Ehegatte häufig nicht in der Lage, teure außergewöhnliche Erhaltungsmaßnahmen zu finanzieren.
Ferner bietet es sich an, für die Erfüllung des Nießbrauchsvermächtnisses den überlebenden Ehepartner zum Testamentsvollstrecker zu bestellen.
Des Weiteren sollte auch dann, wenn sich der Nießbrauch nur auf einzelne Nachlassgegenstände beschränkt, überlegt werden, inwieweit der Ehepartner als Nießbrauchsberechtigter nach § 2318 Abs. 1 BGB an etwaigen Pflichtteilslasten zu beteiligen ist.
Rz. 49
Muster 19.8: Nießbrauch am Nachlass des Erstversterbenden
Muster 19.8: Nießbrauch am Nachlass des Erstversterbenden
Wir, die Eheleute _________________________, geb. am _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, bestimmen jeweils zu Erben des Erstversterbenden unsere ehegemeinschaftlichen Kinder _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, und _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, zu jeweils gleichen Teilen. Zu Ersatzerben bestimmen wir die Abkömmlinge unserer Kinder nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung, wiederum ersatzweise soll Anwachsung – zunächst innerhalb eines Stammes – eintreten.
Schlägt einer der Abkömmlinge den Erbteil aus, macht er seinen Pflichtteil geltend und erhält er ihn auch, dann ist er mit seinem ganzen Stamm am Nachlass des Erst- und des Zul...