Leitsatz
Ein nach den Vorschriften des ZGB errichtetes Ehegattentestament erfordert eigenhändige Unterschriften mit dem vollen Namenszug unter allen letztwilligen Verfügungen.
Sachverhalt
Der Erblasser errichtete mit seiner zweiten Ehefrau im Jahr 1986 im Gebiet der ehemaligen DDR ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzten. Das Testament enthält unter der Unterschriftenzeile einen handschriftlichen Nachtrag des Erblassers, in dem er seine Tochter aus erster Ehe als Erbin im Falle des Todes beider Ehepartner einsetzt. Dieser Nachtrag ist nicht unterzeichnet.
Die zweite Ehefrau hat der Tochter des Erblassers aus erster Ehe eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt und sie auch zur Regelung ihrer Erbangelegenheiten und zur Beantragung eines Erbscheins bevollmächtigt. Die Ehefrau verstarb nach dem Erblasser. Die Tochter hat auf Grund der testamentarischen Verfügung die Stellung einer Schlusserbin in Anspruch genommen und einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist.
Sie hat darüber hinaus die Anfechtung der letztwilligen Verfügung wegen eines Motivirrtums erklärt, da der Erblasser der Fehlvorstellung unterlegen gewesen sei, der Nachtrag zum Testament sei auch ohne die Unterschrift wirksam.
Entscheidung
Die Tochter ist nicht formwirksam durch das Ehegattentestament zur Schlusserbin eingesetzt worden, da eine gesonderte Unterzeichnung des Nachtrages durch die Erblasser erforderlich gewesen wäre. Die Formwirksamkeit beurteilt sich in diesem Fall nach den Vorschriften des ZGB. Es ist nicht auf das Erbstatut gem. Art. 235 § 1 EGBGB, sondern auf das Errichtungsstatut gem. Art. 235 § 2 EGBGB abzustellen, wonach sich die Rechtsgültigkeit einer vor dem Beitritt errichteten letztwilligen Verfügung nach dem bisherigen Recht richtet. Nach den Vorschriften der §§ 391 Abs. 2385 ZGB i.V.m. Art. 235 § 2 EGBGB haben die Erblasser das eigenhändig geschriebene Testament mit vollem Namenszug zu unterschreiben.
Die fehlende Unterschrift vermag auch nicht durch eine am Erblasserwillen ausgerichtete Auslegung des Testaments gem. § 2084 BGB ersetzt werden.
Die Frage, ob die Formnichtigkeit der Schlusserbeneinsetzung auch Auswirkungen auf die Wirksamkeit der wechselseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten hat, ist zu verneinen, da das ZGB eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen i.S.d. § 2270 Abs. 1 BGB nicht kennt. Daher ist grundsätzlich die Gültigkeit jeder getroffenen Verfügung für sich zu beurteilen.
Ob von einer Wirksamkeit der Testamentsanfechtung durch die Tochter auszugehen ist, vermochte das Gericht offen zu lassen, da jedenfalls das Fehlen eines Testaments die gesetzliche Erbfolge auslösen würde. Einen entsprechenden Antrag auf Erteilung eines Teilerbscheins auf Grund gesetzlicher Erbfolge hat die Tochter jedoch nicht gestellt, sondern die Erteilung eines Alleinerbscheins an sich beantragt. Das Nachlassgericht kann gem. §§ 2353, 2356 BGB dem Antrag aber nur so, wie er gestellt ist, statt geben oder ihn insgesamt abweisen, ist jedoch nicht berechtigt einen Erbschein mit einem abweichenden Inhalt zu erteilen.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Beschluss vom 04.10.2006, 10 Wx 4/06