Entscheidungsstichwort (Thema)

Formerfordernisse eines nach dem ZGB errichteten Ehegattentestaments. Nachtrag zu einer letztwilligen Verfügung. gesetzliche Anforderungen an den Erbscheinsantrag. Testamentsanfechtung wegen Motivirrtums. Wechselbezüglichkeit von letztwilligen Verfügungen

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Formerfordernissen eines nach den Vorschriften des ZGB errichteten Ehegattentestaments. Wegen des Fehlens einer § 2270 BGB entsprechenden Vorschrift ist für ein gemeinschaftliches Testament, für das das ZGB gilt, die Gültigkeit der Verfügungen der Ehegatten jeweils für sich betrachtet zu prüfen.

 

Normenkette

BGB § 142 Abs. 1, §§ 1924, 1931, 1371, 2070 Abs. 1, §§ 2078, 2080-2082, 2085, 2353, 2356; EGBGB Art. 235 Abs. 1-2; ZGB §§ 385, 388, 391 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 06.03.2006; Aktenzeichen 3 T 879/05)

AG Quedlinburg (Aktenzeichen 1 VI 104/05)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 6.3.2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beteiligte zu tragen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 67.050 EUR.

 

Gründe

A. Die Beteiligte ist die Tochter des am 23.2.2005 verstorbenen Erblassers K. M. aus dessen erster Ehe mit der am 26.10.1984 vorverstorbenen Frau B. M..

Mit seiner ersten Ehefrau B. M. hatte der Erblasser am 22.10.1977 ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet, mit dem sich die Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden einsetzten.

In zweiter Ehe war der Erblasser mit der am 27.2.2005 nachverstorbenen Frau I. M., geborene L., verheiratet. Am 17.8.1986 errichtete der Erblasser mit seiner zweiten Ehefrau I. M. ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament mit folgendem Inhalt:

"Testament

Die Eheleute K. M. geboren am 21.10.1929 in T., und dessen Ehefrau I. M. geborene L. geboren am 7.9.1935 in B., bestimmen für ihr gemeinsames Eigentum und Vermögen Folgendes:

Im Falle des Todes eines Ehepartners ist der zuletzt lebende Ehepartner alleiniger Erbe unseres gemeinsamen Eigentums und Vermögens.

Q., den 17.8.1986

Unterzeichnet

K. M. I. M., geborene L."

Unterhalb der Unterschriftenzeile der beiden Eheleute war der von dem Erblasser handschriftlich verfasste Nachsatz angefügt:

"Im Falle eines Todes beider Ehepartner ist meine Tochter J. K. geb. M. Erbin unseres Eigentums und Vermögens."

Der Nachsatz war von den verfügenden Eheleuten nicht unterzeichnet worden.

Wegen der Einzelheiten des gemeinschaftlichen Testamentes wird auf die Testamentsurkunde in der Nachlassakte 1 IV 94/05 - AG Quedlinburg - Blatt 6 - Bezug genommen.

Mit einer vor der Notarin R. E. zur Urkundenrollen-Nr. 72/2005 am 26.1.2005 beurkundeten Erklärung hat Frau I. M. der Beteiligten eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt und sie unter Ziff. 2) der Urkunde insb. auch zur Regelung ihrer Erbangelegenheiten und der Beantragung eines Erbscheins nach ihrem Ehegatten über den Tod hinaus bevollmächtigt.

Die Beteiligte hat aufgrund der testamentarischen Verfügung vom 17.8.1986 die Erbenstellung einer Schlusserbin in Anspruch genommen, nachdem die zweite Ehefrau des Erblassers Frau I. M. am 27.2.2005 nach verstorben war. Unter Berufung auf die behauptete Schlusserbenstellung hat sie am 22.3.2005 bei dem AG - Nachlassgericht - Quedlinburg beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der Frau I. M. als Alleinerbin des Erblassers ausweist. Zugleich hat sie in der parallelen Nachlassangelegenheit der nachverstorbenen Frau I. M. (1 VI 105/05 AG Quedlinburg) für sich um die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin der verstorbenen Frau M. nachgesucht.

Das AG - Nachlassgericht - Quedlinburg hat in der Nachlasssache nach Frau I. M. (1 VI 105/05) mit Beschluss vom 27.4.2005 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das AG im Wesentlichen ausgeführt, dass das gemeinschaftliche Testament vom 17.8.1986 keine wirksame Einsetzung der Beteiligten als Schlusserbin der zuletzt verstorbenen Frau I. M. enthalte, da der Nachsatz über die Schlusserbeneinsetzung von den verfügenden Ehegatten nicht seinerseits eigenhändig unterzeichnet worden sei und daher die letztwillige Verfügung insoweit an einem Formmangel nach §§ 2247 Abs. 1, 2267 BGB leide. Ein Ausnahmefall von dem Unterschriftenerfordernis greife vorliegend nicht ein.

Die gegen diesen Beschluss von der Beteiligten unter dem Geschäftszeichen 3 T 879/05 erhobene Beschwerde hat die 3. Zivilkammer des LG Magdeburg mit Beschluss vom 29.12.2005 zurückgewiesen.

Den in der hier in Rede stehenden Nachlassangelegenheit des Erblassers K.F.M. beantragten Erbschein für Frau I. M. hat das AG - Nachlassgericht - Quedlinburg mit Beschluss vom 27.4.2005 als unzulässig verworfen. Das AG hat die Verwerfung des Erbscheinsantrages damit begründet, dass der Beteiligten eine Antragsberechtigung nach § 2353 BGB fehle, da sie selbst nicht Erbin der zweiten Ehefrau des Erblassers Frau I. M. geworden sei.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteilig...

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