Rz. 187
Im Rahmen von DRUID wurden auch zufällige, stichprobenartige Überprüfungen von 50.000 Autofahrern vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Drogeneinfluss vorwiegend ein Problem junger (< 35 Jahre) männlicher Fahrer ist. Am häufigsten wurde THC nachgewiesen, gefolgt von Kokain und Amphetamin.
Rz. 188
Obwohl Cannabis zu allen Tageszeiten und an allen Wochentagen in den Speichel- und Blutproben gefunden wurde, liegt der Prävalenzschwerpunkt auf den Wochenenden. Auch bei den untersuchten schwerverletzten oder getöteten Fahrern war Cannabis die am häufigsten gefundene Substanz. Dies gilt insbesondere für die Gruppe der jungen männlichen Fahrer.
Rz. 189
Nach derzeitigem Stand (31.5.2024) soll die bislang durch die Rechtsprechung etablierte Grenze für einen Ordnungswidrigkeitentatbestand von 1,0 ng/ml für THC auf 3,5 ng/ml angehoben und im § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) zusätzlich zur 0,5 Promille-Grenze für Alkohol festgeschrieben werden.
Insbesondere ist aber zu erwähnen, dass am 27.3.2024 im Zuge der Legalisierung von Cannabis eine gravierende Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgenommen wurde. Cannabis wurde aus dem § 14 FeV herausgelöst und – im Bestreben, Cannabis Alkohol anzugleichen – ein neuer § 13a FeV gestaltet:
§ 13a Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass
1. |
ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen, oder |
2. |
ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn
a) |
nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen, |
b) |
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden, |
c) |
die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder |
d) |
sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht. |
|
Rz. 190
Hierdurch ist den Fahrerlaubnisbehörden (analog zum Alkohol) lediglich nach einer zweiten Fahrt unter Einfluss von Cannabis die Möglichkeit zur Anordnung einer MPU gegeben (siehe § 13a Abs. 2 b FeV). Die in § 13a Abs. 2 a FeV vorgeschriebene Anordnungsgrundlage "Cannabismissbrauch" ist zumindest im rechtlichen Sinne nicht eindeutig definiert und auch im Rahmen der medizinischen Fahreignungsuntersuchung nur schwer zu diagnostizieren. Zudem wurde die Anlage 4 im Punkt 9.2 ebenfalls geändert und unter Punkt 9.2.1 Folgendes ausgeführt:
Krankheiten, Mängel |
Eignung oder bedingte Eignung |
Klassen A, A1, A2 B, BE, AM, L, T |
Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, FzF |
9.2 |
Einnahme von Cannabis |
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9.2.1 |
Missbrauch (Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum können nicht hinreichend sicher getrennt werden.) |
nein |
nein |
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Rz. 191
Cannabismissbrauch, hier offensichtlich definiert als "mangelndes Trennvermögen", ist demgemäß mit der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht vereinbar. Ob eine einmalige Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis als ein Beweis für mangelndes Trennvermögen angesehen werden kann, kann aufgrund des Wortlauts des § 13a FeV als ausgeschlossen betrachtet werden. Sollte dennoch eine MPU bereits nach nur einer Fahrt unter Cannabiseinfluss angeordnet werden, ist definitiv eine anwaltliche Beratung bzw. Unterstützung angezeigt.
Rz. 192
Experten prognostizieren eine durch die Legalisierung steigende Prävalenz des Cannabiskonsums. Die Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie hat sich im Sinne der Straßenverkehrssicherheit bereits 2023 eindringlich gegen eine Aufweichung der Gesetzes- und Verordnungslage im Hinblick auf die Sanktionierung von Fahrten unter dem Einfluss von Cannabis ausgesprochen.