Rz. 66
Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung dauert für den Untersuchten in der Regel etwa drei Stunden und setzt sich aus drei Teilen zusammen: der psychologischen Begutachtung, der medizinischen Untersuchung und der Überprüfung der psycho-physischen Leistungsfähigkeit. Da der Untersuchte selbst der Auftraggeber der Untersuchung ist und daher auch das Untersuchungsentgelt zu entrichten hat, kann er sich selbstverständlich weigern, bestimmte Untersuchungsteile abzuleisten. Dies wird jedoch die Gutachter außerstande setzen, die Fragestellung der Behörde in befriedigender Weise und "lege artis" zu beantworten. Diese Einschränkung wird dann auch im schriftlichen Gutachten mitgeteilt. Die Folge aus einer Weigerung ist daher zumeist ein negativer Gutachtenausgang.
Im Folgenden sollen die einzelnen Untersuchungsteile beschrieben und auf ihre jeweiligen Besonderheiten eingegangen werden.
I. Psychologische Begutachtung
Rz. 67
Die psychologische Begutachtung ist der Teil der MPU, vor dem die Klienten erfahrungsgemäß den größten Respekt haben. Die psychologische Untersuchung umfasst dabei verschiedene Untersuchungsmethoden, deren Zusammenstellung sich in Übereinstimmung mit den Begutachtungsleitlinien und den Beurteilungskriterien an der Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde sowie an den Umständen des Einzelfalles orientiert. Die wichtigste Untersuchungsmethode stellt das Explorationsgespräch dar. Gemäß der 3. Auflage der Beurteilungskriterien wurde der Begriff "Exploration" durch den Ausdruck "psychologisches Untersuchungsgespräch" ersetzt, welcher im weiteren Textverlauf verwendet wird.
1. Fragestellung und Untersuchungsumfang
Rz. 68
Wie auch bei den ärztlichen Begutachtungen gilt der Grundsatz der "anlassbezogenen Untersuchung", die zunächst durch die Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde bestimmt wird. Aus der Fragestellung ergeben sich dann entsprechend den Beurteilungskriterien Hypothesen, anhand derer das psychologische Untersuchungsgespräch aufgebaut wird.
Rz. 69
In den Beurteilungskriterien wurden für die möglichen Anlassgruppen einer MPU beispielhafte Fragestellungen formuliert:
Zitat
"§ 2a Abs. 4 und 5 StVG: Auffälligkeiten in der Probezeit,"
§ 4 Abs. 10 StVG: Neuerteilung nach Entziehung oder Verzicht nach dem Punktesystem sowie
§ 11 Abs. 3 Nr. 4 FeV: ein erheblicher oder wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften
“Ist zu erwarten, dass Herr/Frau … auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?‘
§ 10 Abs. 2 FeV: Unterschreiten des Mindestalters nach § 10 Abs. 1 FeV bei Erteilung einer Fahrerlaubnis im Rahmen der Ausbildung als Berufskraftfahrer(in)
“Erfüllt Herr/Frau … bereits die körperlichen und geistigen Anforderungen an das Führen von Fahrzeugen der Klasse … im Rahmen einer Ausbildung als Berufskraftfahrer(in)?‘
§ 11 Abs. 3 Nr. 1 FeV: Med.-psych. [sic] Gutachten nach Würdigung eines ärztlichen Gutachtens
“Kann Herr/Frau … trotz des Vorliegens einer Erkrankung (in Klammern: Krankheit nach Anlage 4), die nach Anlage 4 FeV die Fahreignung in Frage stellt und unter Berücksichtigung der in dem ärztlichen Gutachten vom … festgestellten Befunde ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 (FE-Klasse …) sicher führen?‘
Mögliche Ergänzungen der behördlichen Fragestellung sind
1. |
“Insbesondere ist zu prüfen, ob das Leistungsvermögen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1/2 (FE-Klasse …) ausreicht.‘ |
2. |
“Insbesondere ist zu prüfen, ob eine Kompensation der festgestellten Einschränkungen durch besondere persönliche Voraussetzungen (vgl. Anlage 4 FeV) möglich ist.‘ |
§ 11 Abs. 3 Nr. 2 FeV: Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter
“Hat Herr/Frau … bereits einen Entwicklungsstand und die Reife erreicht und erfüllt er/sie bereits vor Erreichen des in § 10 FeV vorgesehenen Mindestalters die körperlichen und geistigen Anforderungen an das Führen von Fahrzeugen der Gruppe 1/2 (FE-Klasse …)?‘
§ 11 Abs. 3 Nr. 3 FeV: Auffälligkeiten im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfung
“Kann Herr/Frau … trotz der vom Sachverständigen oder Prüfer nach § 18 Abs. 3 FeV mitgeteilten Auffälligkeiten (…) ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 (FE-Klasse …) sicher führen?‘
§ 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV: Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
“Ist trotz der aktenkundigen (erheblichen) Straftat(en) im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr nicht zu erwarten, dass Herr/Frau … erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?‘
§ 11 Abs. 3 Nr. 6–7 [sic] FeV: Straftaten im Zusammenhang mit der Fahreignung, unter Nutzung eines Fahrzeugs oder mit hohem Aggressionspotenzial
“Ist trotz der aufgrund der aktenkundigen (erheblichen) Straftat(en)
(alternativ)
▪ |
im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung |
▪ |
aufgrund von Anhaltspunkten für hohes Aggressionspotenzial |
▪ |
die unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde(n) |
entstandenen Zweifel an der charakterlichen Eignung nicht zu erwarten, dass Herr/Frau … erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche und/oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?‘
§ 11 Abs. 3 Nr. 8 und § 48 Abs. 9 FeV: Gewähr...