Rz. 4

Eine gesetzliche Norm, aus der sich die Rechtsnatur der Erbengemeinschaft ablesen lassen könnte, kennt das BGB nicht. Allenfalls § 2033 Abs. 2 BGB, wonach der Miterbe über seinen Anteil am einzelnen Nachlassgegenstand nicht verfügen kann – entsprechend den Regeln bei der GbR und der Gütergemeinschaft in §§ 719 Abs. 1 und 1419 Abs. 1 BGB –, kennzeichnet das Charakteristikum der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Die seit dem Urteil des BGH vom 29.1.2001[1] (zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft) viel diskutierte Frage, ob auch die Erbengemeinschaft rechtsfähig sei, hat der BGH mit Urt. v. 11.9.2002[2] entschieden und im Beschl. v. 17.10.2006[3] bestätigt: Die Erbengemeinschaft ist weder rechts- noch parteifähig.

Im Urt. v. 11.9.2002 ging es um die Frage der Schriftform eines Mietvertrages gem. § 566 BGB a.F. Weil auf der Vermieterseite nicht die einzelnen Miterben genannt waren, sondern nur "die Erbengemeinschaft XY", sah der BGH die Schriftform als nicht gewahrt an.

 

Rz. 5

Die Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts[4] und zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer[5] sind nicht auf die Erbengemeinschaft übertragbar.[6]

Erbengemeinschaften tendieren zur Auflösung, sie sind "geborene" Liquidationsgemeinschaften, weil § 2042 Abs. 1 BGB jedem Miterben – und sei sein Anteil noch so gering – das Recht gibt, jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses zu verlangen.

Das bedeutet, dass ein Grundstück niemals an die Erbengemeinschaft aufgelassen werden darf, sondern bspw. an "A, B, C in Erbengemeinschaft".

Die Erbteilsquoten können nicht im Grundbuch eingetragen werden.[7]

 

Rz. 6

Den Auseinandersetzungsanspruch, den das Gesetz jedem Miterben – auch demjenigen, der nur einen minimalen Anteil hat – zugesteht, kann er notfalls mit einer Klage auf Zustimmung zu einem Aufteilungsvertrag (= Teilungsplan) geltend machen. Hintergrund ist u.a. die gesamtschuldnerische Haftung jedes Miterben gem. § 2058 BGB.

 

Rz. 7

Die in § 2042 Abs. 1 BGB normierte Anspruchsgrundlage geht demnach auf Abgabe einer Willenserklärung, nämlich auf Zustimmung zu einem Vertrag, dessen Inhalt im Einzelnen noch festzustellen ist. Das rechtskräftige Urteil ersetzt die Zustimmungserklärung nach § 894 ZPO[8] (vgl. das Muster für eine Klage auf Zustimmung zum Teilungsplan Rdn 289). Der Teilungsplan zielt darauf ab, bei jedem Miterben im Ergebnis Einzeleigentum an den zum Nachlass gehörenden Gegenständen entstehen zu lassen, also die Überführung des Miteigentums in Einzeleigentum.

[1] BGH NJW 2001, 1056 = BB 2001, 374.
[2] BGH NJW 2002, 3389 = ZErb 2002, 352 m. Anm. Zwißler, S. 355 = FamRZ 2002, 1621; Anm. Marotzke, ZEV 2002, 504; bestätigt durch BGH ZEV 2004, 246 = Rpfleger 2004, 439 = ZErb 2004, 223 = NJW-RR 2004, 1006 = FamRZ 2004, 1193.
[3] BGH NJW 2006, 3715 = FamRZ 2007, 41 = ZErb 2007, 1 = ZNotP 2007, 68 = Rpfleger 2007, 75 = DNotZ 2007, 134; Anm. Häublein, ZFIR 2007, 109.
[6] BGH NJW 2006, 3715 = FamRZ 2007, 41 = ZErb 2007, 1 = ZNotP 2007, 68 = Rpfleger 2007, 75 = DNotZ 2007, 134; Anm. Häublein, ZFIR 2007, 109.
[7] Für die GbR entschieden: OLG München DNotIReport 2005, 117 = DB 2005, 1621 = NotBZ 2005, 265 = OLGR München 2005, 491 = Rpfleger 2005, 530 = NJW-RR 2005, 1609.
[8] OLG München, Beschl. v. 7.1.2020 – 34 Wx 425/17, BeckRS 2020, 594; ein Titel ist auch der Auslegung zugänglich.

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