Rz. 162
Zuschüsse im Sinne der 1. Variante von § 2050 Abs. 2 BGB sind solche, die zu dem Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte und damit zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs (Unterhalt) verwendet zu werden. Einkommenszuschüsse sind nur dann ausgleichungspflichtig, soweit sie – so der Gesetzeswortlaut – das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben, also übermäßig waren. Damit ist klargestellt, dass Leistungen in Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten nicht auszugleichen sind. Denn nach § 1603 BGB besteht eine Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber einem Kind nur insoweit, als die Eltern leistungsfähig sind, andererseits aber gem. § 1602 BGB auch nur, soweit das Kind bedürftig ist.
Rz. 163
Gesetzlich geschuldete Unterhaltsleistungen – Abgrenzung zu den Zuschüssen zu den Einkünften
Unterhaltsleistungen unterliegen nicht der Ausgleichung, weil es sich hierbei begrifflich nicht um ein Übermaß handeln kann. Vielmehr geht es um Bedarfsdeckung des unterhaltsberechtigten Kindes i.S.v. § 1610 Abs. 1 BGB (angemessener Unterhalt).
Minderjähriges Kind:
Die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber einem minderjährigen Kind geht im Grundsatz davon aus, dass das Kind keine eigenen Einkünfte hat und deshalb der gesamte Bedarf von den Eltern zu decken ist. Der Bedarf richtet sich nach der Lebensstellung des Kindes, wobei das minderjährige Kind keine eigene Lebensstellung hat, sondern diese von den unterhaltspflichtigen Eltern ableitet. Der konkretisierenden Bestimmung des Bedarfs im Einzelfall dienen die Bedarfstabellen, insbesondere die sog. Düsseldorfer Tabelle, wonach es auf das Alter eines Kindes und die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils ankommt.
Wird der Bedarf durch eine Ausbildungsvergütung nicht gedeckt, so besteht in Höhe der Differenz ein Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil.
Volljähriges Kind:
Volljährige Kinder in der Ausbildung leiten ihre Lebensstellung ebenfalls noch von den Eltern ab, so dass auch in ihrem Falle der Bedarf nach den Bedarfstabellen zu konkretisieren ist.
Nach abgeschlossener Berufsausbildung – gleichgültig ob minderjährig oder volljährig – gilt: Kinder mit abgeschlossener Berufsausbildung haben zur Deckung ihres Bedarfs in erster Linie ihr eigenes Einkommen zu verwenden, primär durch Verwertung ihrer Arbeitskraft. Ausgleichungspflichtig ist nur das Übermaß an Zuschüssen, wobei das Gesetz an die Relation zwischen Zuwendungswert und Vermögensverhältnissen des Erblassers anknüpft. Die konkretisierende Bestimmung des Übermaßes unterliegt letztlich richterlichem Ermessen im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO. Damit die Schätzung und die Billigkeitsentscheidung nahe an die Realität herankommen, sind alle entscheidungserheblichen Tatsachen so konkret wie möglich zu ermitteln. Das Übermaß bestimmt sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Erblassers im Zeitpunkt der Gewährung der Zuwendung. Übermaß dürfte in jedem Fall anzunehmen sein, in dem der notwendige Eigenbedarf des Erblassers i.S.v. § 1603 BGB berührt wurde.
Weil die Ausgleichung lebzeitiger Zuwendungen der Gleichbehandlung der Kinder vor dem Hintergrund ihrer gleichmäßigen Teilhabe an der wirtschaftlichen Lebensleistung des Erblassers i.S.d. § 1924 Abs. 4 BGB ("Kinder erben zu gleichen Teilen") dienen soll, besteht das entscheidende Abgrenzungskriterium in der Frage, ob der Erblasser die einem Abkömmling gewährten Zuwendungen unter Berücksichtigung der vermutlichen Entwicklung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse auch seinen anderen Abkömmlingen hätte gewähren können. Zugunsten des Übermaßes kann sprechen, wenn der Erblasser den Zuschuss nicht aus laufendem Einkommen bestreiten konnte, sondern seinem Vermögen entnehmen musste.
Rz. 164
Die Tatsache, dass es so gut wie keine veröffentlichte Rechtsprechung zu diesen Fragen gibt, deutet darauf hin, dass in streitigen Fällen häufig eine vergleichsweise Regelung gefunden wird. Gleichzeitig zeigt dies auch, wie hoch die Prozessrisiken in diesen Fällen sind, weil die richterliche Einschätzung auch subjektiv geprägt ist. Ein etwaiger Prozessausgang ist nur schwer vorhersagbar.