Rz. 76
Den Umfang der Prokura bestimmt § 49 HGB. Eine Beschränkung ist Dritten gegenüber grundsätzlich unwirksam, § 50 HGB. Diese Regelung liegt im Interesse des Rechtsverkehrs, damit jeder bei Vertragsabschlüssen mit einem Prokuristen erkennen kann, ob sich der Prokurist im Rahmen seiner Vertretungsmacht hält. Der Prokurist kann alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte jeglicher Art abschließen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, § 49 Abs. 1 HGB. Die Prokura ist also nicht durch das konkrete Handelsgewerbe begrenzt.
Rz. 77
Eine persönliche Beschränkung der Prokura ist nur als Filialprokura möglich oder indem die Prokura als Gesamtprokura nur von mehreren Personen gemeinsam ausgeübt werden kann. Gesamtprokura des Prokuristen mit dem Einzelkaufmann ist nicht zulässig (vgl. Rdn 82).
Rz. 78
Der Geschäftsinhaber kann die Prokura auf eine Filiale beschränken und Filialprokura gem. § 50 Abs. 3 HGB einräumen. Voraussetzung der wirksamen Beschränkung ist die Selbstständigkeit der Zweigniederlassung. Die Niederlassungen müssen unterschiedliche Firmen tragen oder jedenfalls muss die Firma der Zweigniederlassung durch einen Zusatz als solche gekennzeichnet sein, § 50 Abs. 3 S. 2 HGB.
Rz. 79
Eine ausdrückliche gesetzliche Begrenzung erhält die Prokura durch die Immobiliarklausel gem. § 49 Abs. 2 HGB. Der Prokurist ist nämlich zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist. Begrenzt ist die Prokura auch durch die so genannten Prinzipalgeschäfte, die nur der Kaufmann persönlich vornehmen kann. Diese Beschränkung ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Denn die Prokura ermächtigt nur zu solchen Geschäfts- und Rechtshandlungen, die (gewöhnlich oder ungewöhnlich) der Betrieb eines Handelsgeschäftes mit sich bringt. Dazu gehören nicht Grundlagen- und Strukturentscheidungen, die dem Prinzipal vorbehalten sind. Der Prokurist kann daher z.B. nicht das Handelsgeschäft veräußern oder einstellen, Anmeldung und Zeichnung der Firma zum Handelsregister, §§ 29, 31 HGB, vornehmen, Prokura erteilen, § 48 HGB, oder den Jahresabschluss gem. § 245 Abs. 1 HGB unterzeichnen.
Rz. 80
Das Risiko einer Überschreitung des Umfangs der Prokura trägt grundsätzlich der vertretene Kaufmann. Ausnahmen sind möglich beim Missbrauch der Vertretungsmacht. Die Voraussetzungen des Missbrauchs sind wegen des Verkehrsinteresses enger als bei §§ 164 f. BGB. So kann sich als Geschäftspartner nicht auf die Prokura berufen, wer vorsätzlich mit dem Prokuristen zum Schaden des Vertretenen zusammenwirkt oder das missbräuchliche Handeln des Prokuristen positiv kennt oder zumindest grob fahrlässig nicht kennt.