Rz. 53
Für das ausländische Unternehmen mit Geschäftsaktivitäten in Deutschland bietet sich neben der Möglichkeit der Errichtung einer Zweigniederlassung (§§ 13d–13g HGB) die Gründung einer Tochtergesellschaft an. Diese ist häufig durch die Haftungsbegrenzung motiviert. Allerdings war durch die Video-Rechtsprechung des BGH ein gewisses Durchgriffsrisiko entstanden, womit eines der Argumente für die Tochtergesellschaft keinen sicheren Bestand mehr hatte, selbst wenn die spätere Rechtsprechung das Risiko reduzierte. Für die Frage, ob das ausländische Unternehmen eine selbstständige juristische Person gründen oder nur eine Zweigniederlassung errichten soll, sind neben den haftungsrechtlichen Fragen häufig unternehmensinterne Erwägungen bezüglich der Vertretung der deutschen "Dependance" durch einen Geschäftsführer oder nur durch einen Vertreter/Prokuristen entscheidend, noch häufiger steuerliche oder sonstige rechtliche Regelungen im Land des ausländischen Unternehmens, die es dazu bringen, eine Zweigniederlassung zu errichten.
1. Eintragungsvoraussetzungen
Rz. 54
Der Gesetzgeber hat an Errichtung und Betrieb einer Zweigniederlassung mit Sitz oder Hauptniederlassung im Ausland recht hohe Anforderungen gestellt. In Umsetzung der 11. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie vom 22.12.1989 gelten in Angleichung der Vorschriften für deutsche Gesellschaften nunmehr z.B. auch Offenlegungsvorschriften für Zweigniederlassungen. Ziel ist unter anderem der Gläubigerschutz. Die Zweigniederlassung wird wie eine inländische Hauptniederlassung behandelt. Dies gilt nur, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht (vgl. § 13d Abs. 3 letzter Hs. HGB). §§ 325 ff. HGB ergänzen die gesellschaftsrechtliche Offenlegung um Pflichten zur Offenlegung der Rechnungslegung. Bei der Eintragung von inländischen Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften müssen die Unterlagen der Hauptniederlassung offengelegt werden, die nach dem für diese geltenden Recht zu erstellen, zu prüfen und offenzulegen sind.
a) Vollständige Prüfung durch Registerrichter
Rz. 55
Das deutsche Registerrecht gilt für ausländische Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland. Bei Hauptniederlassung bzw. Sitz im Ausland müssen die Anforderungen des deutschen Registerrechts vollständig beim Gericht der deutschen Zweigniederlassung erfüllt werden. Das ist der Grundgedanke des § 13d Abs. 1 HGB. Der deutsche Registerrichter prüft sämtliche Voraussetzungen für die Eintragung – selbst die nach ausländischem Recht zu beurteilenden – unter freier Würdigung der Beweismittel, nach bislang h.M. grundsätzlich sogar ohne Bindung an ausländische Entscheidungen oder Registereintragungen. Begriff und Errichtung der Zweigniederlassung folgen deutschem Recht. Daher ist auch beim ausländischen Unternehmen die Errichtung der Zweigniederlassung ein tatsächlicher Vorgang. Die Eintragung in das Handelsregister ist nicht konstitutiv.
b) Sitztheorie
Rz. 56
Voraussetzung für die Anerkennung als ausländischer Rechtsträger ist nach der in Deutschland früher herrschenden Sitztheorie gewesen, dass sich nicht nur der rechtliche Sitz der Gesellschaft im Ausland befindet, sondern auch der effektive Verwaltungssitz. Inzwischen hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Ablehnung der Eintragung einer durch eine ausländische, europäische GmbH ohne eigene Geschäftstä...