Rz. 15
Gem. § 1852 Nr. 2 BGB (bis 31.12.2022: § 1822 Nr. 3 BGB a.F.) bedarf der Betreuer der Genehmigung des Betreuungsgerichts zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird. Über §§ 1643 Abs. 1, 1813 Abs. 1, 1799 Abs. 1 BGB gilt diese Bestimmung auch für die Eltern und den Ergänzungspfleger. Die Neufassung ist insoweit wortgleich mit der Vorgängernorm in § 1822 Nr. 3 Var. 2 BGB a.F.
Hinweis
Unter § 1852 Nr. 2 BGB fällt der Abschluss des Gesellschaftsvertrages einer GbR, einer OHG oder einer KG – auch wenn der Minderjährige nur Kommanditist wird, sofern die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt.
Rz. 16
Erwerbsgeschäft ist jede regelmäßig ausgeübte, auf selbstständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit, gleichgültig ob es sich um Handel, Fabrikation, Handwerk, Landwirtschaft, wissenschaftliche, künstlerische oder sonstige Tätigkeit handelt. Die reine Vermögensverwaltung stellt kein Erwerbsgeschäft i.S.d. § 1852 Nr. 2 BGB dar und löst deshalb dieses Genehmigungserfordernis nicht aus. Dies gilt etwa für Gesellschaften, deren alleiniger Zweck die Verwaltung und Erhaltung des Familienvermögens ist. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn die Familiengesellschaft GmbH-Beteiligungen nutzt und deren Erträge anlegen soll.
Für die Abgrenzung zwischen Erwerbsgeschäft und Vermögensverwaltung wird u.a. darauf abgestellt, ob eine geschäftsmäßige, gleichsam berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Indizien für das Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts können auch die lange Dauer der Gesellschaft, der Umfang und der Wert des verwalteten Grundvermögens, aber auch das Ziel sein, künftig weiteren Grundbesitz hinzuzuerwerben, ihn zu verwalten, zu vermieten und zu verwerten. Für ein Erwerbsgeschäft spricht auch, wenn der Minderjährige ein gewisses Mitunternehmerrisiko übernimmt, etwa in Gestalt einer gesamtschuldnerischen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft oder durch eine dem Gesellschaftsanteil entsprechende Beteiligung am Gewinn und Verlust.
Rz. 17
Die Rspr. hat die Grenzen der rein privaten Vermögensverwaltung i.R.d. § 1852 Nr. 2 BGB in den letzten Jahren zunehmend enger gezogen und die Genehmigungsbedürftigkeit auch auf Gesellschaften ausgedehnt, die die "Verwaltung, Vermietung und Verwertung gewerblich nutzbarer Immobilien von erheblichem Wert" zum Zwecke haben. Teilweise wird hieraus die Schlussfolgerung gezogen, die Genehmigungsbedürftigkeit eines Vertrages, durch den eine Familiengesellschaft unter Beteiligung Minderjähriger gegründet wird, sei nunmehr regelmäßig zu bejahen.
Hinweis
Die Abgrenzung zwischen der genehmigungsfreien rein privaten Vermögensverwaltung einerseits und dem Betrieb eines "Erwerbsgeschäfts" i.S.d. § 1852 Nr. 2 BGB andererseits ist fließend. Mit Blick auf die Tendenz in der Rspr., ein "Erwerbsgeschäft" i.S.d. § 1852 Nr. 2 BGB auch bei grundbesitzverwaltenden Familiengesellschaften in weitem Umfang anzunehmen, dürfte es sich daher in Zweifelsfällen empfehlen, vorsorglich die Genehmigung einzuholen. Verneint das Gericht die Genehmigungsbedürftigkeit (sog. Negativattest), ersetzt dies nicht eine etwa doch erforderliche Genehmigung und bindet auch nicht andere Gerichte, weshalb eine aus Sicht der Parteien notwendige Genehmigung nachdrücklich verfolgt werden sollte, ggf. auch im Beschwerdeweg.