(1) Anteilserwerb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft
Rz. 45
Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer bestehenden Personengesellschaft durch Anteilsübertragung (derivativer Anteilserwerb) ist jedenfalls dann nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es um den Anteil eines unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafters geht. Dies folgt schon daraus, dass der Minderjährige als Erwerber gem. §§ 128, 130 HGB (im Fall der GbR gem. § 721 BGB) für die Alt- und Neuverbindlichkeiten ebenfalls unbeschränkt persönlich haftet.
Aber auch beim derivativen Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils verneinte die früher h.M. einen lediglich rechtlichen Vorteil, da auch in diesem Fall mit dem Erwerb ein Bündel von Rechten und Pflichten für den Minderjährigen begründet werde. In Rspr. und Lit. mehren sich allerdings zu Recht die Stimmen, die den schenkweisen Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils grds. als lediglich rechtlich vorteilhaft ansehen, wobei es auf die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall ankommt (doch kein lediglich rechtlicher Vorteil, wenn der Erwerb mit bestimmten Pflichten (z.B. Abschluss eines Ehevertrages) verknüpft wird).
Hinweis
Nach dem derzeitigen Meinungsbild sollte man in der Praxis (vorsorglich) davon ausgehen, dass auch der Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und daher ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist.
Rz. 46
Erhält der Minderjährige einen Kommanditanteil im Wege der Schenkung, ist als Folge des Trennungsprinzips die Schenkung als solche grds. auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.d. § 107 BGB, wenn das Erfüllungsgeschäft mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist. Der Vertrag über die Schenkung eines Kommanditanteils ist somit im Grundsatz auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn man mit der vorstehend genannten Meinung davon ausgeht, dass der Erwerb des Kommanditanteils selbst nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
Bei einer Schenkung durch den gesetzlichen Vertreter selbst würde indes eine isolierte Beurteilung des Verpflichtungs- und des Erfüllungsgeschäftes dazu führen, dass auch das rechtlich nachteilige Erfüllungsgeschäft gem. § 181 letzter Halbs. BGB ohne Beteiligung eines Pflegers und unter Umgehung des Schutzzwecks der §§ 107, 181 BGB geschlossen werden könnte (Erfüllung des zustimmungsfreien Schenkungsvertrages). Bei Schenkungen des gesetzlichen Vertreters wird daher nach der Rspr. des BGH aufgrund einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und dinglichen Vertrages darüber entschieden, ob die Schenkung lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Einer solchen Gesamtbetrachtung bedarf es allerdings nicht, wenn schon die Schenkung bei isolierter Betrachtung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
Rz. 47
Ist der derivative Erwerb eines Personengesellschaftsanteils für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, muss bei einer Übertragung von dem gesetzlichen Vertreter gem. §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1824 Abs. 2, 181, 1809 BGB ein Ergänzungspfleger bestellt werden (zum Verfahren s. Rdn 27 ff.).
(2) Bestellung mehrerer Ergänzungspfleger
Rz. 48
Will ein Gesellschafter seine Beteiligung ganz oder teilweise an mehrere seiner minderjährigen Kinder übertragen, stellt sich die Frage, ob für jedes Kind ein eigener Ergänzungspfleger gem. § 1809 BGB bestellt werden muss (zur Rechtslage bei der Gründung s. Rdn 8 f.).
Beispiel
An einer GmbH & Co. KG ist der Vater der drei minderjährigen Kinder K1, K2 und K3 beteiligt. Er will Teile seines voll eingezahlten Kommanditanteils unentgeltlich auf die Kinder übertragen.
Die Mitwirkung mehrerer Ergänzungspfleger ist erforderlich, wenn ein Ergänzungspfleger an der Vertretung mehrerer Kinder durch § 181 BGB (i.V.m. §§ 1813 Abs. 1, 1789 Abs. 2 Satz 2, 1824 Abs. 2 BGB) auch bei einem derivativen Anteilserwerb gehindert wird. Hiervon gehen Teile der Rspr. und Lit. ohne nähere Begründung aus. Dies überzeugt nicht; die Mitwirk...