(1) Allgemeines
Rz. 19
Gem. § 1644 Abs. 1 BGB erteilt das Familiengericht die Genehmigung, wenn das Rechtsgeschäft dem Wohl des Kindes unter Berücksichtigung der Grundsätze einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung nicht widerspricht. Die Genehmigung ist eine Ermessensentscheidung, sie ist jedoch zu erteilen, wenn keine begründete Besorgnis besteht, dass das Rechtsgeschäft dem Kindesinteresse widerspricht. Dabei kommt es darauf an, ob der Vertrag im Ganzen für den Vertretenen vorteilhaft ist oder nicht. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn das Geschäft nach allen zu beurteilenden Vor- und Nachteilen das Interesse des Kindes nicht fördert. Es muss auch nicht in jedem Fall die Vertragskonstruktion mit dem geringsten Risiko gewählt werden.
Als Abwägungsgesichtspunkte spielen insb. eine Rolle:
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die wirtschaftliche Bedeutung, |
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das Haftungsrisiko des Kindes, |
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das Verwirklichungsrisiko, |
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die Person des Vertragspartners sowie |
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die Beziehung zwischen Kind und Vertragspartner. |
Außerdem ist auf die Üblichkeit entsprechender Vereinbarungen Rücksicht zu nehmen.
Rz. 20
Der Prüfungsmaßstab des § 1644 Abs. 1 BGB darf außerdem nicht mit dem des § 107 BGB verwechselt werden. Die Frage, ob das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist, hat Bedeutung für einen etwaigen Vertretungsausschluss (s. Rdn 7), ist jedoch für die Frage der Genehmigungsfähigkeit irrelevant. Anderenfalls wären alle Rechtsgeschäfte, die – da nicht nur rechtlich vorteilhaft – von einem Ergänzungspfleger abgeschlossen werden müssen, niemals genehmigungsfähig.
Rz. 21
Das Gericht hat die für die Genehmigung oder ihre Versagung relevanten Tatsachen gem. § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln.
(2) Minderjähriger als persönlich haftender Gesellschafter
Rz. 22
Soll der Minderjährige die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters übernehmen, genügt die Tatsache, dass er für Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Außenverhältnis den Gläubigern ggü. mit seinem Vermögen persönlich als Gesamtschuldner haftet, für sich allein nicht, um eine Versagung der Genehmigung zu rechtfertigen. Insoweit sind auch die Haftungsbeschränkung gem. § 1629a BGB und das Kündigungsrecht gem. § 723 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BGB (ab 1.1.2024: § 725 Abs. 4 Satz 1 BGB) als Abwägungsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages hat das Gericht außer der vertraglichen Stellung des Minderjährigen in der Gesellschaft und neben vermögensrechtlichen Gesichtspunkten auch die Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Vermögensverhältnisse sowie ihrer charakterlichen und fachlichen Eignung zu beurteilen, weil die Verantwortung für die Vermögenslage des Minderjährigen in der Gesellschaft vorwiegend bei den geschäftsführenden Gesellschaftern liegt.
Es entspricht nicht dem Sinn und Zweck der gerichtlichen Genehmigung, von dem Minderjährigen jedes mit der Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft verbundene Risiko fernzuhalten. Andernfalls wäre die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung zum Abschluss zahlreicher der in §§ 1849–1854 BGB genannten Rechtsgeschäfte ausgeschlossen, weil sie ihrem Wesen nach von Anfang an wirtschaftliche Risiken für den Minderjährigen in sich bergen. Lassen sich allerdings die Risiken aus dem Gesellschaftsvertrag auch nicht annähernd abschätzen, so ist die gerichtliche Genehmigung zu versagen, ebenso wenn der Minderjährige erst nach Jahrzehnten die Verfügungsmacht über das Vermögen erlangt, das Gesellschaftsvermögen aber (wenn auch limitiert) belastet werden kann.