aa) Allgemeines
Rz. 34
Bei der stillen Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB) handelt es sich um eine spezielle, auf die Beteiligung an einem Handelsgewerbe beschränkte Form der BGB-Innengesellschaft. In dieser Gesellschaftsform beteiligt sich der stille Gesellschafter mit einer Einlage an einem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt. Das Handelsgewerbe kann ein Einzelunternehmen, eine Personenhandels- oder Kapitalgesellschaft sein. Eine Außenhaftung des stillen Gesellschafters besteht nicht.
bb) Gesetzliche Vertretung
Rz. 35
Ist der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen zugleich als Geschäftsinhaber oder dessen Vertretungsorgan (z.B. als GmbH-Geschäftsführer) beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages beteiligt, muss für den Minderjährigen gem. §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1894 Abs. 2, 181, 1809 BGB ein Ergänzungspfleger bestellt werden, es sei denn, es handelt sich bei der Gründung der stillen Gesellschaft um ein für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft. Dies ist mit Blick auf die Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters grds. nicht der Fall.
Der BFH hat mit Blick auf die langfristigen Bindungen aus dem Gesellschaftsvertrag einen lediglich rechtlichen Vorteil sogar dann verneint, wenn dem Minderjährigen die Einlage geschenkt wird, der Minderjährige hieraus auch keine weiteren Verpflichtungen übernimmt und am Verlust nicht beteiligt wird. Werden die einzulegenden Mittel dem Kind durch den Geschäftsinhaber oder durch einen Dritten unter der Auflage gewährt, sie für die Einlage in der stillen Gesellschaft zu verwenden, ist das Geschäft schon wegen der mit dieser Auflage verbundenen Handlungspflicht für das Kind nicht allein rechtlich vorteilhaft. Wird die Einlage des Kindes dagegen dadurch erbracht, dass der Geschäftsinhaber sie von seinem Kapitalkonto abbucht, lässt sich aber nach Ansicht des BFH "die Auffassung vertreten", dass mangels jeder Handlungspflicht dem Kind nur ein rechtlicher Vorteil gewährt wird, sofern es auch nur am Gewinn, nicht aber am Verlust des Unternehmens beteiligt sein soll, anders aber, wenn der minderjährige atypisch stille Gesellschafter rechtlich nachteilige Verpflichtungen (z.B. ein Wettbewerbsverbot) eingeht. Die Lit. ist uneinheitlich und differenziert teilweise zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften.
Hinweis
Dem Gebot des "sichersten Weges" folgend, empfiehlt es sich, bei der Gründung einer stillen Gesellschaft unter Beteiligung eines Minderjährigen (vorsorglich) stets von einem nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäft auszugehen.
Rz. 36
Sollen mehrere Minderjährige als stille Gesellschafter an einem Handelsgeschäft beteiligt werden, das von ihrem gesetzlichen Vertreter betrieben wird oder dessen Organ er ist, stellt sich wiederum (s. bereits Rdn 8 f.) die Frage, ob für jeden von ihnen ein eigener Ergänzungspfleger bestellt werden muss. Dies wird teilweise mit Blick auf die zunehmend anerkannte Möglichkeit bejaht, eine mehrgliedrige stille Gesellschaft zu gründen. Da es die Beteiligten aber nach wie vor in der Hand haben, ob sie mehrere gleichgerichtete, i.Ü. aber voneinander unabhängige stille Gesellschaften (dann genügt ein Ergänzungspfleger) oder aber eine mehrgliedrige stille Gesellschaft (dann muss für jeden Minderjährigen ein eigener Ergänzungspfleger bestellt werden) gründen, kommt es richtigerweise darauf an, welche dieser Gestaltungen die Beteiligten im Einzelfall gewählt haben.
Der Ergänzungspfleger muss nur für die Gründung der stillen Gesellschaft bestellt werden. Die Bestellung eines Dauerergänzungspflegers ist weder erforderlich noch zulässig (s. bereits Rdn 11).
cc) Familiengerichtliche Genehmigung
Rz. 37
Ob der Gesellschaftsvertrag einer stillen Gesellschaft nach § 1852 Nr. 2 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1822 Nr. 3 BGB) als "Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird", genehmigungsbedürftig ist, wird streitig diskutiert.
Bei formaler Betrachtung müsste diese Frage verneint werden, da das Erwerbsgeschäft (zum Begriff s. Rdn 16 f.) nicht von der stillen Gesellschaft betrieben wird. Im Anschluss an eine ältere Entscheidung des BGH wird vielfach die Auffassung vertreten, der Genehmigungsvorbehalt des § 1852 Nr. 2 BGB gelte nicht, wenn der Minderjährige außer der bedungenen Kapitaleinlage keine weiteren Leistungen zu erbringen habe und an den Verlusten nicht beteiligt sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Interesse eines effektiven Minderjährigenschutzes wird jedoch zunehmend die Genehmigungsbedürftigkeit einer stillen Beteiligung generell ...