Rz. 78

Mit Eintritt des Schadenfalls und der Leistung des Versicherers geht der Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG gem. § 35 AVB-VSV/K bzw. § 58 AVB-VSV/P auf den Versicherer über. Die von der cessio legis nicht erfassten, nicht akzessorischen Sicherungsrechte gegen den Schädiger hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer ebenso abzutreten, wobei in der Regulierungspraxis der Versicherer stets mit dem Regulierungsschreiben eine notariell beglaubigte Abtretungserklärung ggf. zusammen mit dem Titel gegen den Schadensverursacher einholt.[119]

 

Rz. 79

Werden Schäden durch Eingriffe Dritter in das EDV-System erst durch Fehler des Systems möglich, kommt neben der vertraglichen Mängelhaftung[120] auch ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Hersteller des System nach den Grundsätzen der deliktischen Produzentenhaftung (§ 823 BGB) in Betracht.[121] Erleidet der Versicherungsnehmer bspw. dadurch einen Schaden, dass eine Vertrauensperson die Konto- oder sonstigen Geschäftsdaten der Vertragspartner des versicherten Unternehmens entwendet, die in der als sicher beworbenen Verwaltungssoftware gepflegt werden und erweist sich die Programmierung/Konstruktion ggf. durch Feststellungen im Sachverständigenverfahren als mangelhaft, geht ein dem Versicherungsnehmer gegen den Hersteller und/oder Veräußerer des Produkts zustehender Schadenersatzanspruch auf den Versicherer über.

 

Rz. 80

Sofern der Schaden die Versicherungssumme übersteigt oder eine Selbstbeteiligung vorgesehen ist, hat der Versicherungsnehmer gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG gegenüber dem Versicherer zumindest ein Befriedigungsvorrecht, das prozessual im Wege der Widerspruchsklage nach § 878 ZPO oder bei der Vollstreckung im Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO geltend gemacht werden kann.[122] Häufig wird jedoch der in Höhe der Selbstbeteiligung beim Versicherungsnehmer verbleibende Anspruch bereits im Voraus an den Versicherer abgetreten, wobei wegen der bestehenden Unklarheiten hinsichtlich des Quotenvorrechts des Versicherungsnehmers § 35 AVB-VSV/K bzw. § 58 AVB-VSV/P die Erweiterung enthalten, dass insoweit eine Einziehung mit anschließender Regresserlösverteilung gemäß einer individualvertraglichen Absprache möglich ist.[123]

 

Rz. 81

Problematisch stellt sich die Interessenswahrungsobliegenheit im Rahmen des § 86 Abs. 2 VVG bei einem möglichen Verzicht des Versicherungsnehmers auf einen Schadenersatzanspruch gegenüber seinem Mitarbeiter im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs dar. Hier kann es sinnvoll sein, eine Widerrufsfrist zu vereinbaren, um nicht nur eine in der Höhe des durch den Verzicht ausfallenden Schadenersatzanspruchs verringerte Versicherungsleistung zu erhalten.

 

Rz. 82

Im Zusammenhang mit möglichen Reputationsverlusten des Unternehmens durch Rückforderungen des Versicherers kann es u.U. für den Versicherungsnehmer sinnvoll sein, auf einen Teil der ihm zustehenden Entschädigungssumme in der Höhe zu verzichten, in der der Versicherer beim Versicherungsnehmer regressieren würde.

[119] R. Koch, Vertrauensschadenversicherung, Rn 373.
[120] Zur Zulässigkeit von Freizeichnungsklauseln wegen mangelbedingter Folgeschäden vgl. Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 466.
[121] Vgl. weiterführend Spindler, Haftung im IT-Bereich, Schriftenreihe Versicherungsrecht (Bd. 44), S. 26 ff.
[122] Ebenso ist ein bereicherungsrechtlicher Rückübertragungsanspruch des benachteiligten VN denkbar. Einzelheiten sind sehr strittig. Vgl. Rosch, Der gesetzliche Forderungsübergang nach der Reform des Versicherungsvertragsrechts § 86 VVG (2008), S. 93 f.
[123] Ebenso verhält es sich hinsichtlich der Schadenrückflüsse (Provenues) des Schädigers.

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