Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 131
Von der Beantwortung dieser Frage ist abhängig, welche prozessualen Möglichkeiten bestehen:
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für den Unterhaltspflichtigen, der gegen eine weitere Vollstreckung vorgehen will und |
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für den Unterhaltsberechtigten, der weiterhin Unterhalt erlangen und ggf. auch noch eine Erhöhung durchsetzen will. |
Rz. 132
Vergleichender Blick auf den Ehegattenunterhalt:
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Beim Ehegattenunterhalt wird materiell-rechtlich und auch prozessual streng zwischen dem Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB und dem Geschiedenenunterhalt nach Rechtskraft der Scheidung (Scheidungsunterhalt) nach §§ 1569 ff. BGB unterschieden. |
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Trennungsunterhalt kann nur für den Zeitraum von der Trennung der Parteien bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils beansprucht werden. |
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Geschiedenenunterhalt (Scheidungsunterhalt) ist dagegen ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen, wenn die besonderen Anspruchsvoraussetzungen der §§ 1570 ff. BGB gegeben sind. |
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Beide Ansprüche sind rechtlich nicht identisch. Diese sog. Nichtidentität hat weitreichende praktische Auswirkungen:
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Eine für den Trennungsunterhalt erklärte Mahnung wirkt wegen der unterschiedlichen Streitgegenstände nicht automatisch auf den nachehelichen Unterhalt fort. |
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Eine Mahnung wegen nachehelichen Unterhalts, die vor dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsanspruchs erfolgt, begründet keinen Verzug, weil noch kein fälliger gesetzlicher Anspruch vorliegt. |
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Ein Unterhaltstitel, der über Trennungsunterhalt erlangt worden ist, endet in der Regel automatisch mit der Rechtskraft der Scheidung. |
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Daraus ergeben sich einschneidende prozessualen Konsequenzen:
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Für den Zeitraum ab Rechtskraft der Scheidung benötigt der Unterhaltsberechtigte einen neuen Vollstreckungstitel. |
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Wird dennoch weiter aus dem alten Titel für Zeiträume nach Rechtskraft der Scheidung vollstreckt, so kann der Unterhaltspflichtige dagegen mit dem Vollstreckungsgegenantrag nach § 767 ZPO i.V.m. § 113 FamFG vorgehen, weil der dem Titel zugrunde gelegte materiell-rechtliche Anspruch auf Trennungsunterhalt aus § 1361 BGB nach der Rechtskraft der Scheidung nicht mehr besteht. Die Zahlungspflicht endet dabei genau mit dem Tag der Rechtskraft des Scheidungsurteils, nicht mit dem Ablauf des Monats. |
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Die gerichtliche Entscheidung über den Trennungsunterhalt muss folglich nach Rechtskraft der Scheidung nicht im Wege des Abänderungsverfahrens gem. § 238 FamFG abgeändert werden. |
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Rz. 133
Beim Kindesunterhalt besteht jedoch keine vergleichbare klare Zäsur zum Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit. Der Unterhaltsanspruch eines Kindes beginnt mit der Geburt und existiert daher dem Grunde nach lebenslang. Der Unterhaltsanspruch im Verwandtenunterhalt ist also zeitlich nicht begrenzt. Folglich beginnt der Unterhaltsanspruch des Kindes mit der Geburt und besteht dem Grunde nach lebenslang. Er erlischt nicht automatisch bei Volljährigkeit oder wandelt sich in einen Anspruch mit einer anderen rechtlichen Grundlage um. Die Anspruchsgrundlage bleibt über den Zeitpunkt der Volljährigkeit hinaus identisch.
Rz. 134
Der Anspruch des – volljährigen – Kindes endet erst mit einer abgeschlossenen Ausbildung oder wenn das Kind auf andere Weise eine eigenständige Lebensstellung erlangt hat. Der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes ist also mit dem des volljährigen Kindes identisch.
Rz. 135
Der zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes erlangte Titel gilt somit auch nach Eintritt der Volljährigkeit fort. Dies soll sogar bei Heirat des Kindes gelten.
Anders ist dies lediglich dann, wenn der Titel ausdrücklich auf die Zeit bis zur Volljährigkeit des Kindes befristet worden ist, wie dies bei Urkunden des Jugendamtes vielfach der Fall ist.
Rz. 136
OLG Köln, Beschl. v. 20.7.2012 – 27 UF 47/12
Zitat
1. Ein Vollstreckungsabwehrantrag ist grundsätzlich begründet, wenn der Unterhaltsberechtigte, der zwischenzeitlich volljährig geworden ist, aus einem Unterhaltstitel vollstreckt, nach dem der Unterhalt nur auf den Minderjährigenunterhalt beschränkt war.
2. Gleichzeitig hat der Unterhaltspflichtige einen Anspruch auf Herausgabe des Titels sowie auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten.