A. Einleitung
Rz. 1
Die bisherigen Regelungen stellten auf ein Leitbild von ehrenamtlichen Vormündern ab. Tatsächlich haben die Amtsvormundschaften einen Anteil von ca. 80 Prozent. Zudem wurde die Personensorge nur ansatzweise, die Vermögenssorge aber ausführlich geregelt, weil man von einem bei Verwandten lebenden Waisen als Regelfall ausging. Heute ist aber die Personensorge bei von ihren Eltern vernachlässigten Kindern von zentraler Relevanz. Dem soll in den neuen Regelungen Rechnung getragen werden.
B. Arten von Vormündern
Rz. 2
Die verschiedenen Arten von Vormundschaften waren durch die Einführung der Amts- und Vereinsvormundschaft durch das Nichtehelichengesetz vom 19.8.1969 unübersichtlich im BGB verteilt und werden nun in § 1774 BGB n.F. neu sortiert. Danach können zum vorläufigen Vormund gem. § 1781 BGB n.F. ein Vormundschaftsverein oder das Jugendamt bestellt werden, § 1774 Abs. 2 BGB n.F.
Rz. 3
Zum Vormund bestellt werden können gem. § 1774 Abs. 1 BGB n.F.:
1. |
Ehrenamtlich tätige Personen |
2. |
Berufsvormünder |
3. |
Mitarbeiter eines Vormundschaftsvereins |
4. |
Jugendamt |
Statt des Vormundschaftsvereins werden also zukünftig seine Mitarbeiter bestellt. Von einer entsprechenden Änderung für die Jugendämter wurde bewusst abgesehen.
Rz. 4
Die ehrenamtliche Vormundschaft soll gefördert werden, wie dies auch bei ehrenamtlichen Betreuern beabsichtigt ist. So können Hilfen beim Familiengericht gem. § 1802 BGB n.F., beim Jugendamt gem. § 53a SGB VIII n.F. und beim Vormundschaftsverein gem. § 54 SGB VIII n.F. erlangt werden.
C. Rechte des Mündels, Pflichten des Vormundes, §§ 1788, 1790 BGB n.F.
Rz. 5
Die Rechte des Mündels waren bislang nicht im Gesetz ausformuliert, wie dies gegenüber Eltern der Fall war. Dies ist durch § 1788 BGB n.F. geändert worden, in dem u.a. seine Förderung und Achtung explizit erwähnt werden. Betont wird auch das Recht auf persönlichen Kontakt mit dem Vormund.
Rz. 6
Mit den Rechten des Mündels korrespondieren die Pflichten des Vormundes, welche in § 1790 BGB n.F. formuliert werden. Die dort enthaltenen Grundsätze und Pflichten waren bislang nur zum Teil und auch weitgehend nur durch Verweisungen für den Vormund im BGB enthalten, so in §§ 1793 Abs. 1, Abs. 1a, 1626, 1686, 1686a BGB a.F.
D. Pflegeperson und Vormund, §§ 1792 Abs. 2, 1796 f., 1777 BGB n.F.
Rz. 7
Mit dem am 10.6.2021 in Kraft getretene Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) wurde begonnen, die Regelungen im Zusammenhang mit Pflegepersonen zu überarbeiten, insbesondere hinsichtlich deren Verhältnis zu dem Vormund und zum Kind. Das wurde in der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts fortgeführt.
Rz. 8
Bei der Konzeption des BGB war beim Vormundschaftsrecht standardmäßig an Kinder gedacht worden, deren Eltern verstorben waren und sie als Mündel zurückließen. Heutzutage ist der Standardfall für eine Vormundschaft die Herausnahme eines Kindes aus prekären Verhältnisse, etwa bei überforderten und/oder gewalttätigen Eltern.
Entsprechend fallen die Person des Vormunds als Inhaber der rechtlichen Vertretungsmacht und die der Pflegeperson als tatsächlich mit dem Kind umgehender Mensch meistens auseinander. Die Rechte der Pflegepersonen werden daher gestärkt. Der Vormund hat die Pflegepersonen einzubinden und zu informieren, §§ 1792 Abs. 2, 1796 BGB n.F.; Pflegepersonen haben Entscheidungsbefugnisse etwa in den Angelegenheiten des täglichen Lebens, wenn das Kind länger bei ihnen lebt, § 1797 BGB n.F.
Rz. 9
Allerdings kann der Pflegeperson auch nach § 1777 BGB n.F. vom Familiengericht die Befugnis zu Entscheidungen übertragen werden. Dürbeck sieht auch mit Verweis auf eine Entscheidung des BGH allerdings Sorgerechtsvollmachten als vorzugswürdig an.
E. Auskunftsrecht naher Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen, § 1790 Abs. 4 BGB n.F.
Rz. 10
Eine der Auskunftsplicht gegenüber nahen Angehörigen von betreuten Personen gem. § 1822 BGB n.F. (siehe § 13 Rdn 9–30) ähnelnde Pflicht enthält § 1907 Abs. 4 BGB n.F. für Vormünder. Der Kreis der auskunftsberechtigten Personen wird damit deutlich über die Eltern hinaus erweitert. Die Regelung geht damit weiter als die vom Gesetzgeber proklamierte Umsetzung der Rechtsprechung des BGH.
F. Vorläufiger Vormund, § 1781 BGB n.F.
Rz. 11
Eine neue Figur, die zum Teil die Vormundbestellung unter Vorbehalt gem. § 1790 BGB a.F. sowie die Ergänzu...