Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 42
Die Durchführung der Vorteilsausgleichung erfolgt in der Weise, dass der Vorteil vom Ersatzanspruch abgezogen wird, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf. Der Vorteil ist auch dann anzurechnen, wenn der Geschädigte ihn aus eigenem Willensentschluss nicht realisiert. Bei der Vorteilsausgleichung handelt es sich nicht um eine Einrede, sondern um eine Einwendung; sie ist im Rahmen des Parteivortrages als Berechnungsfaktor für die Höhe des Schadensersatzes von Amts wegen zu berücksichtigen. Für Vorteile, die den Schaden mindern, ist grundsätzlich der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig. Zwar gibt es Beweiserleichterungen, die bis zur Umkehr der Darlegungs- und Beweislast gehen können, wenn es sich um Geschehnisse aus dem Vermögensbereich der anderen Partei handelt. Das ist insbesondere bei der Berücksichtigung von Steuervorteilen angenommen worden.
Rz. 43
Doch muss zunächst der Schädiger überhaupt geltend machen, dass ein Vorteil anzurechnen ist. Allein der Hinweis darauf, dass bei der Ermittlung des Schadens eine Gesamtbetrachtung stattzufinden habe, liegt jedoch auf den konkreten Fall bezogen keine Geltendmachung von Steuervorteilen, die einem Geschädigten anzurechnen sein müssten. Eine nähere Darlegung ist schon deshalb regelmäßig unverzichtbar, weil ein etwaiger Steuervorteil eines Geschädigten dadurch wieder ausgeglichen sein kann, dass ein zugesprochener Schadensersatzbetrag seinerseits zu versteuern ist. Ein Aufrechnungsverbot hindert nicht die Vorteilsausgleichung, denn es handelt sich bei ihr um eine Anrechnung, die keiner Gestaltungserklärung bedarf, nicht um eine Aufrechnung. Sind Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig, muss der Geschädigte den Vorteil Zug um Zug gegen Erfüllung des Ersatzanspruches herausgeben. In der Regel liegt ein ausgleichspflichtiger Vorteil indessen noch nicht vor, wenn der Geschädigte lediglich einen Anspruch gegen einen Dritten hat; der Vorteil tritt erst dann ein, wenn der Anspruch erfüllt ist. In Betracht kommt jedoch die Verpflichtung, den Anspruch gegen den Dritten abzutreten.
Rz. 44
Maßgebend ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Vom Schaden des Klägers im Wege der Vorteilsanrechnung abzuziehende Positionen (hier: erhaltene Ausschüttungen) können durch Zwischenfeststellungswiderklage nach § 256 Abs. 2 ZPO nur insoweit geltend gemacht werden, als sie nicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden sind. Die vor Schluss der mündlichen Verhandlung erlangten Vorteile sind Elemente des einheitlich zu behandelnden Schadensersatzanspruchs des Klägers, über deren Bestehen und Nichtbestehen mit der Klage entschieden wird.