Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 27
Ersparte Aufwendungen sind regelmäßig auf die sachlich kongruenten Forderungspositionen anzurechnen, wenn die Ersparnis nicht Folge eines überobligationsmäßigen Verzichtes des Geschädigten ist: Auf den Verdienstausfallschaden eines Verkehrsunfallopfers ist im Wege des Vorteilsausgleichs dessen Ersparnis von berufsbedingten Aufwendungen anzurechnen.
Rz. 28
Regelmäßig fallen einem Erwerbstätigen aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit Kosten zur Last, die sein Einkommen schmälern. Dabei handelt es sich neben Fahrtkosten, Ausgaben für Kleidung, Fachliteratur, Beiträgen zu Berufsverbänden, Werkzeug oder dergleichen, oft um Ausgaben, die nicht mit der notwendigen Sicherheit bezifferbar sind, die aber zur Ausübung des Berufes erforderlich sind. Da der Nachweis ersparter berufsbedingter Aufwendungen für den beweisbelasteten Unfallschädiger oftmals schwierig oder sogar unmöglich ist, ist es möglich, dass der Schädiger zunächst im Wege der Schätzung einen bestimmten Betrag vom bisherigen Einkommen des Unfallgeschädigten als Ersparnis berufsbedingter Aufwendungen geltend macht.
Rz. 29
Die Bestimmung der Höhe der ersparten berufsbedingten Aufwendungen erfolgt in der Praxis nicht einheitlich: In der Rechtsprechung wird teilweise nach § 287 ZPO von einer Pauschalierung in Höhe von 5 % des Nettoeinkommens ausgegangen. Andere Gerichte setzen die Ersparnis mit pauschal 10 % des Nettoeinkommens an. Das OLG Celle hat in einer Entscheidung vom 29.11.2005 die vermittelnde Auffassung vertreten, dass nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Höhe der Fahrtkosten, 5–10 % anzurechnen seien. Das OLG Düsseldorf geht demgegenüber davon aus, dass die berufsbedingten Aufwendungen konkret zu berechnen seien oder aufgrund einer hinreichenden Tatsachengrundlage geschätzt werden könnten. Eine Schätzung allein aufgrund eines Prozentsatzes des Nettoeinkommens sei objektiv willkürlich. Dem ist zwar zuzugeben, dass eine prozentuale Koppelung an das Nettoeinkommen bei gleichem berufsbedingtem Aufwand, insbesondere der Fahrtkosten zur Arbeitsstätte, bei einem Geringverdiener zu einem völlig anderen Ergebnis führt als bei einem Besserverdienenden. Gleichwohl hat sich im Sinne einer vereinfachten Pauschalierung im Rahmen des § 287 ZPO der prozentuale Abzug zu Recht durchgesetzt, wobei 10 % zunächst durchaus angemessen erscheinen. Dem Geschädigten bleibt es freilich unbenommen, den Vortrag des Schädigers zu widerlegen.
Rz. 30
Ersparte Verpflegungskosten bei Krankenhaus- und Kuraufenthalt: Für die Dauer des Krankenhausaufenthalts hat sich der Verletzte im Wege des Vorteilsausgleichs ersparte Verpflegungskosten anrechnen zu lassen, allerdings nicht auf seinen Erwerbsschaden, sondern auf seinen Anspruch auf Ersatz der Heilbehandlungskosten. Diese werden in der Rechtsprechung mit einem Betrag im Bereich von 4–10 EUR pro Tag berücksichtigt.
Rz. 31
Mietet ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall ein Ersatzfahrzeug an, so muss er sich die ersparten Eigenaufwendungen im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen. Bei nicht gewerblich genutzten Fahrzeugen erfolgt hierzu üblicherweise ein pauschaler Abzug von den Mietwagenkosten. Zur Höhe des vorzunehmenden Abzugs werden stark differierende Auffassungen vertreten. Während früher eine Ersparnis von 15 oder 20 % der Mietwagenkosten angenommen wurde, wird heute zunehmend wegen geänderter technischer und wirtschaftlicher Verhältnisse ein geringerer Prozentsatz befürwortet: Die Ersparnis wird teilweise auf 10 %, 5 % oder aber auch auf nur 3,5 % oder 3 % geschätzt. Der Bundesgerichtshof hat eine Schätzung in Höhe von 10 % gebilligt. Mietet der Geschädigte ein klassentieferes Kraftfahrzeug an und werden dadurch Kosten in Höhe der Eigenersparnis vermieden, braucht er keinen Ersparnisabzug hinzunehmen; denn eine Vorteilsausgleichung scheidet aus, wenn sie der Billigkeit widerspricht. Wird für ein bei einem Verkehrsunfall beschädigtes Kraftfahrzeug ein Ersatzfahrzeug angemietet und dabei Vollkaskoschutz vereinbart, sind die hierfür erforderlichen Mehraufwendungen in der Regel als adäquate Schadensfolge anzusehen. Ob im Einzelfall Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs in Betracht kommen, unterliegt der tatrichterlichen Beurteilung gem. § 287 ZPO.
Rz. 32
Anzurechnen sind bei Nachbesserungskosten die so genannten Sowieso-Kosten (auch "Ohnehin-Kosten" genannt), um die das Werk teurer geworden wäre, wenn es von Anfang an ordnungsgemäß hergestellt worden wäre. Dieser Gesichtspunkt ist nicht nur auf Nachbesserungskostenansprüche zu beschränken, sondern ist auch auf sonstige Schadensersatzansprüche anzuwenden. An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung – freilich mit allen für ihn geltenden Einschränkungen – nicht nur im Schadensersatzrecht unmittelbare Anwendung findet, sondern auf andere Ansprüche entsprechend angewendet werden kann (siehe dazu oben Rdn 1). So bildet z.B. bei der En...