Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 153
Vom freien Dienst- oder Mitarbeitervertrag unterscheidet sich der Arbeitsvertrag durch die Unselbstständigkeit der Dienstleistung. Entscheidend ist, ob der zur Dienstleistung Verpflichtete als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. dazu Rdn 157 ff.). Bei einem Werkvertrag schuldet der Unternehmer gem. § 631 Abs. 2 BGB den Eintritt eines Erfolges, während der Arbeitnehmer nur das Tätigwerden als solches schuldet. Dass auch der Arbeitgeber regelmäßig ein Interesse an der Herbeiführung eines Erfolges hat, steht der Annahme eines Arbeitsvertrages nicht entgegen. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer bereits für sein Bemühen um den Erfolgseintritt seinen Vergütungsanspruch erhalten soll. In diesem Fall wird er auch durch die Auferlegung einer Erfolgsvorgabe und der Bemessung seines Entgelts an derselben nicht dem Werkvertragsrecht unterstellt. Geschuldet wird weiterhin allein die Arbeitsleistung als solche, für die lediglich ein leistungsbezogenes Arbeitsentgelt erbracht wird.
Rz. 154
Erbringt ein Gesellschafter Dienste für seine Gesellschaft, ist bei der Qualifizierung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses nach der Quelle der Dienstpflicht zu unterscheiden. Den Gesellschaftern einer Personengesellschaft obliegt es kraft Gesellschaftsvertrages, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (vgl. § 705 BGB). Die Beitragsleistung kann gem. § 709 Abs. 1 BGB auch in der Leistung von Diensten bestehen. Erfüllt der Gesellschafter mit der Dienstleistung diese gesellschaftsvertraglichen Pflichten, wird er nicht als Arbeitnehmer tätig. Dies schließt die zusätzliche Begründung eines gesonderten Arbeitsverhältnisses nicht aus. Zu beachten ist jedoch, dass weitgehende gesellschaftsrechtliche Mitbestimmungsrechte des Gesellschafters seiner persönlichen Abhängigkeit und damit der Annahme seiner Arbeitnehmereigenschaft entgegenstehen können. Zweifel, auf welcher Rechtsgrundlage ein Gesellschafter Dienste leistet, sind im Wege der am Leistungszweck orientierten Auslegung zu beheben.
Rz. 155
Bei dem Anstellungsvertrag von Organmitgliedern juristischer Personen handelt es sich in der Regel nach h.M. bei Entgeltlichkeit um einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB) bzw. bei Unentgeltlichkeit um einen Auftrag. Dem Umstand, dass Organmitglieder in § 17 Abs. 5 Nr. 1 KSchG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG sowie § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG gleichwohl ausdrücklich vom Arbeitnehmerbegriff ausgeschlossen werden, wird entnommen, dass zumindest Fremdgeschäftsführer Arbeitnehmer i.S. anderer arbeitsrechtlicher Gesetze sein können. Das BAG beurteilt dies für das nationale Recht (wie § 5 ArbGG) anhand der allgemeinen Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs (siehe dazu Rdn 158 ff.). Ein GmbH-Geschäftsführer soll jedoch nur "in extremen Ausnahmefällen" als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein.
Dem EuGH zufolge können dagegen, soweit der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Anwendung findet, Organe einer Kapitalgesellschaft als Arbeitnehmer anzusehen sein, soweit sie einer mittelbaren Weisungsabhängigkeit unterliegen. Letzteres gilt für Fremdgeschäftsführer – und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Die Konsequenzen dieser unterschiedlichen Behandlung im nationalen und Unionsrecht sind jedoch noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Der Vorstand einer AG ist dagegen auch unionsrechtlich kein Arbeitnehmer. Beim Abschluss seines Anstellungsvertrages soll ein Fremdgeschäftsführer als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB handeln. Mit dem Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrages endet im Zweifel ein vormals bestehender Arbeitsvertrag. Das Arbeitsverhältnis lebt dann mit der späteren Abberufung als Geschäftsführer auch nicht wieder auf.
Rz. 156
Im Gegensatz zum unentgeltlichen Auftrag (§ 662 BGB) ist der Arbeitsvertrag auf eine Entgeltzahlung ausgerichtet (vgl. § 612 Abs. 1 BGB). Hat ein Dienstvertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand, finden gem. § 675 Abs. 1 BGB einzelne Regelungen des Auftragsrechts entsprechende Anwendung. Der Streit, ob jedem Dienstvertrag ein Geschäftsbesorgungselement immanent ist, ist für das Arbeitsrecht praktisch bedeutungslos, da dort die analoge Anwendung der genannten Vorschriften anerkannt ist. Durch einen Dienstverschaffungsvertrag wird die Verpflichtung begründet, dem Vertragspartner die Dienste einer oder mehrerer Personen zu verschaffen. Sind die in Aussicht gestellten Dienste unselbstständiger Natur, haben sie also eine Arbeitsleistung zum Gegenstand, handelt es sich um eine Form der Arbeitnehmerüberlassung. Wird diese im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben, untersteht sie den Vorschriften des AÜG. Der Abschluss eines Franchisingvertrags steht der Annahme der Arbeitnehmereigenschaft des Franchisenehmers nicht zwangsläufig entgegen. Die konkrete Vertragsgestaltung ist entscheidend. Das Wiedereinglied...