Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1483
Die Übernahme der Umzugskosten kann mit einer Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der arbeitgeberseitig aufgewandten Kosten verbunden werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Übernahme der Umzugskosten allein auf einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung beruht; ist der Arbeitgeber ausnahmsweise bereits aus § 670 BGB zur Kostenübernahme verpflichtet, wird eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs durch eine Rückzahlungsklausel ungeachtet der grundsätzlichen Dispositivität des § 670 BGB regelmäßig für unwirksam erachtet.
Rz. 1484
Voraussetzung einer wirksamen Rückzahlungsverpflichtung ist zunächst eine entsprechende Vereinbarung, die ausdrücklich getroffen und für den Arbeitnehmer hinreichend transparent sein muss. Die zu erstattenden Kosten müssen nach Grunde und Höhe im Rahmen des Möglichen konkret angegeben werden. Ob die Höhe der von der Rückzahlungsverpflichtung erfassten Kosten begrenzt sein muss, ist bislang nicht abschließend geklärt; nicht zu beanstanden ist jedenfalls eine Rückzahlungsverpflichtung, die sich auf einen Betrag von nicht mehr als einem Monatsgehalt bezieht.
Rz. 1485
Die Rückzahlungsvereinbarung unterliegt darüber hinaus der gerichtlichen Rechts- und Inhaltskontrolle. Sie darf im Hinblick auf § 622 Abs. 6 BGB keine übermäßige Einschränkung des arbeitnehmerseitigen Kündigungsrechts beinhalten. In Formularverträgen ist darüber hinaus erforderlich, dass die Interessen des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 BGB angemessen berücksichtigt werden. Eine Rückzahlungsverpflichtung ist daher nur wirksam, wenn die wechselseitigen Interessen der Parteien in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Voraussetzung einer wirksamen Vertragsgestaltung ist dabei v.a. der Verzicht auf eine unangemessen lange Bindungsdauer. Denn während der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, die Arbeitskraft, in die er mit der Zusage der Übernahme der Umzugskosten investiert hat, möglichst lange in Anspruch zu nehmen, beinhaltet die Rückzahlungsverpflichtung für den Arbeitnehmer eine Bindung an das Arbeitsverhältnis, die im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Berufsausübung nur in zeitlich begrenztem Umfang zulässig ist. Welche Bindungsdauer insoweit noch angemessen ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, wer die maßgeblichen Vorteile aus dem Umzug erlangt hat und ob dem Arbeitnehmer durch den Umzug dauerhaft berufliche Vorteile erwachsen sind; auch die Höhe der zu erstattenden Kosten ist zu berücksichtigen. Eine Bindungsdauer von fünf Jahren wird allgemein als unangemessen lang erachtet. Grds. wird die zulässige Bindungsdauer bei maximal drei Jahren liegen, wobei sich dieser Zeitraum im Einzelfall auch noch weiter verkürzen kann. Dient etwa der Umzug maßgeblich den Interessen des Arbeitgebers oder soll mit der Übernahme der Umzugskosten ein besonderer Anreiz zum Wechsel des Wohnsitzes geschaffen werden, wird die zulässige Bindungsdauer bei maximal zwei Jahren liegen.
Rz. 1486
Das die Rückzahlungsverpflichtung begründende Ereignis muss arbeitsvertraglich ebenfalls exakt bestimmt werden. Hängt die Rückzahlungsverpflichtung von der "Kündigung" des Arbeitsverhältnisses ab, erfasst dies nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristung oder Aufhebungsvertrag. Auch kann nicht jedes Beendigungsereignis zur Begründung einer Rückzahlungsverpflichtung herangezogen werden. Beendigungsgründe, die dem Risikobereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind, sind nicht geeignet, eine inhaltlich angemessene Rückzahlungsverpflichtung zu begründen, da der Arbeitnehmer auf diese keinen Einfluss zu nehmen in der Lage ist. Weder eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine Kündigung in der Probezeit noch eine von dem Arbeitgeber veranlasste außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers kann daher zur Begründung einer Rückzahlungsverpflichtung herangezogen werden. Ebenso dürfte es unzulässig sein, eine Rückzahlungspflicht auf das krankheits- oder sonst personenbedingte Ausscheiden des Arbeitnehmers zu stützen; in diesem Fall liegt das Beendigungsereignis zwar nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers, doch kann der Arbeitnehmer die Entstehung der Rückzahlungsverpflichtung auch hier nicht beeinflussen. Eine Rückzahlungsverpflichtung ist vor diesem Hintergrund jedenfalls dann unwirksam, wenn sie bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers aufgrund des dauerhaften Wegfalls der medizinischen Tauglichkeit eingreifen soll. Ebenso kann eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vereinbarten Befristung zur Begründung der Rückzahlungsverpflichtung nur dann herangezogen werden, wenn die Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses auf verhaltensbedingten Gründen beruht.
Rz. 1487
Schließlich muss auch der Umfang der Rückzahlungsverpflichtung eindeutig bestimmt werden. Die Erstattungspflicht kann grds. auf sämtliche Aufwendungen des...