Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1721
§ 10 HinSchG befugt die internen und externen Meldestellen zur Verarbeitung personenbezogener Daten einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Bei internen Meldestellen eingehende Meldungen sind nach § 11 HinSchG durch die für die Entgegennahme zuständigen Personen in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebots zu dokumentieren. Bei telefonischen Meldungen oder sonstigen Meldungen durch Sprachübermittlung darf eine dauerhaft abrufbare Tonaufzeichnung des Gesprächs oder ein Wortprotokoll nur mit Einwilligung der hinweisgebenden Person erfolgen. Wird keine Einwilligung erteilt, ist die Meldung durch ein Inhaltsprotokoll zu dokumentieren. Ebenfalls regelt § 11 HinSchG Meldungen im Rahmen einer auf Ersuchen der hinweisgebenden Person erfolgten Zusammenkunft nach § 16 Abs. 3 HinSchG. Nach § 11 Abs. 5 HinSchG ist die Dokumentation grundsätzlich drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen. Solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist, kann die Dokumentation zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen auch länger aufbewahrt werden, § 11 Abs. 5 HinSchG. Vor Implementierung eines Hinweisgeberschutzsystems ist ggf. eine Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß Art. 35 DSGVO vorzunehmen. Konfliktträchtig ist das Verhältnis der Bestimmungen zum Vertraulichkeitsgebot zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO.
Nach § 16 Abs. 1 S. 4 HinSchG "sollte" die interne Meldestelle auch anonyme Meldungen bearbeiten. Allerdings besteht nach § 16 Abs. 1 S. 5 HinSchG keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass die Abgabe anonymer Meldungen möglich ist.
Die genannten datenschutzrechtlichen Grundsätze sind für das Beschwerdeverfahren nach § 8 LkSG ebenfalls zu berücksichtigen.
Wegen der Regelung in § 12 HinSchG besteht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG in Unternehmen mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Frage, ob eine interne Meldestelle eingerichtet wird. Umstritten ist allerdings, ob der Betriebsrat bei der konkreten Ausgestaltung der Meldestelle und des einzuhaltenden Verfahrens ein Mitbestimmungsrecht hat. Unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG zur Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie Betriebsärzten nach § 9 Abs. 3 ASiG wird teilweise ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG angenommen. Vergleichbar ist die Sachlage allerdings eher mit der Errichtung von Beschwerdestellen nach §§ 13 Abs. 1 S. 1, 12 Abs. 5 S. 1 AGG. Für die Frage, wo ein Arbeitgeber diese errichtet und wie er diese personell besetzt, hat das BAG angenommen, ein Mitbestimmungsrecht folge weder aus dem AGG noch aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Es handele sich nicht um eine Frage der Ordnung des Betriebs oder des Verhaltens der Arbeitnehmer, sondern um eine mitbestimmungsfreie organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers. Der Betriebsrat habe lediglich bei der Einführung und Ausgestaltung des Verfahrens einer Beschwerdestelle nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen. Nach dieser Maßgabe obliegt die Entscheidung, ob eine interne oder externe Meldestelle eingerichtet wird, dem Arbeitgeber. Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung, insbesondere Meldemöglichkeiten und Verfahrensordnung, besteht allerdings ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, bei digitaler Unterstützung ggf. zudem nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Etablierung eines unternehmensinternen Beschwerdeverfahrens gemäß § 8 LkSG, im Fall eines unternehmensinternen Beschwerdeverfahrens der mit dessen Durchführung betrauten Personen sowie der Erstellung eines Verhaltenskodexes zur Verankerung der Menschenrechtsstrategie.
Wenngleich den Handreichungen nach § 20 LkSG kein Gesetzesrang und keine formale Bindungswirkung zukommt, ist diesen eine wenigstens faktische Bindung nicht abzusprechen. Beschränkt sich der Arbeitgeber auf deren Wiedergabe, könnte ein Mitbestimmungsrecht aufgrund der gesetzlichen Verankerung in § 20 LkSG daher nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ausgeschlossen sein. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens, insbesondere der Verfahrensordnung, greift allerdings ggf. das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, bei digitaler Unterstützung ggf. zudem nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.