Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 767
Aus der rechtlichen Selbstständigkeit des Arbeitgeberdarlehens folgt, dass das Darlehen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zur Rückzahlung fällig wird. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist i.d.R. weder eine wesentliche Geschäftsgrundlage des Darlehensvertrages, noch berechtigt dessen Beendigung den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages. Fehlt eine diesbezügliche Vereinbarung, ist deshalb im Zweifel davon auszugehen, dass der Bestand der Darlehensvereinbarung von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unberührt und die Vertragsparteien an die vereinbarten Darlehenskonditionen gebunden bleiben. Ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages gem. §§ 488 Abs. 3, 489 BGB besteht dabei nur dann, wenn keine Vereinbarungen über die Laufzeit des Vertrages und die Rückzahlungsmodalitäten getroffen worden sind, da diese regelmäßig einen stillschweigenden Ausschluss der ordentlichen Kündigung beinhalten.
Rz. 768
Soll daher das Arbeitgeberdarlehen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung fällig werden, bedarf dies einer hinreichend klaren Regelung. Allerdings müssen die Darlehensbedingungen, soweit sie in einem Formularvertrag enthalten sind, der gesetzlichen Inhaltskontrolle standhalten. Dabei entspricht die Rückzahlung des Darlehens im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grds. einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, da die mit der Darlehensgewährung verbundenen Zielsetzungen in einem beendeten Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht mehr verwirklicht werden können und das Kapital des Arbeitgebers damit in unwirtschaftlicher Weise gebunden wird. Allerdings muss bei der Gestaltung der Darlehensbedingungen auch den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rechnung getragen werden; dabei werden im Wesentlichen dieselben Maßstäbe herangezogen, die auch sonst an die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln gestellt werden (vgl. hierzu Rdn 1390 ff., 1483 ff., 604 ff.). Durch die Tilgungsverpflichtung im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der Arbeitnehmer demnach dann nicht unangemessen benachteiligt, wenn die Beendigung seiner eigenen Entscheidung entspricht oder in einer von ihm zu vertretender Weise verursacht wurde. Für den Fall einer ordentlichen Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder einer verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitgebers bestehen daher keine Bedenken gegen eine entsprechende Tilgungsbestimmung. Im Falle der betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers nimmt der Arbeitnehmer demgegenüber keinen Einfluss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses; vielmehr wird er durch die Tilgungsbestimmung zusätzlich benachteiligt, da er mit dem Arbeitsverhältnis in aller Regel auch seine wirtschaftliche Existenzgrundlage verliert. In diesen Fällen ist daher eine Bestimmung zur vorzeitigen Darlehenstilgung als unangemessen anzusehen.
Rz. 769
Die Vereinbarung einer unbedingten Rückzahlungsverpflichtung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die nicht nach dem Anlass der Beendigung differenziert, kann vor diesem Hintergrund einer Angemessenheitskontrolle nicht standhalten. Die Rückzahlungsverpflichtung sollte deshalb auf diejenigen Fälle beschränkt werden, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in die Verantwortungssphäre des Arbeitnehmers fällt. Die durch vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers veranlasste Eigenkündigung darf ebenfalls nicht zur Rückzahlungsverpflichtung führen, wobei der vorstehende Regelungsvorschlag die Beweislast hierfür dem Arbeitnehmer auferlegt. Zweifel hinsichtlich der Angemessenheit der Rückzahlungsverpflichtung verbleiben für den Fall der personenbedingten Kündigung; allerdings ist die Klausel insoweit teilbar, sodass sie im Falle der Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung für diesen Fall mit dem verbleibenden Inhalt Bestand haben kann, § 306 Abs. 1 BGB.