Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 615
Erleidet der Arbeitnehmer im Rahmen der Berufsausübung unfreiwillig Schäden an seinem Eigentum, insbesondere bei einem Verkehrsunfall mit dem eigenen Fahrzeug, hängt die Erstattungsfähigkeit des erlittenen Schadens davon ab, ob der Arbeitnehmer das Fahrzeug zu dienstlichen Zwecken aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber oder zumindest mit dessen Billigung eingesetzt hat, oder ob der Einsatz ohne den Willen des Arbeitgebers erfolgt ist. Im erstgenannten Fall ist der Arbeitgeber entsprechend § 670 BGB zum Ersatz eines Unfallschadens verpflichtet, wenn der Einsatz ohne besondere Vergütung erfolgte, auch wenn den Arbeitgeber an dem Unfall kein Verschulden trifft. Dienstliche Zwecke sind dabei stets dann gegeben, wenn der Arbeitgeber ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen und damit die Unfallgefahr tragen müssen. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer auf die Nutzung eines Fahrzeugs zur ordnungsgemäßen Bewältigung seiner Arbeitsaufgaben angewiesen ist oder dieses mit Billigung des Arbeitgebers einsetzt, nicht jedoch, wenn er sich mit der Nutzung des Fahrzeugs die Erfüllung seiner Aufgaben lediglich erleichtern will. Fahrzeugschäden werden dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers nicht nur dann zugerechnet, wenn diese auf einer Dienstfahrt eintreten, sondern auch in den Zeiten, während derer der Arbeitnehmer das Fahrzeug im Interesse des Arbeitgebers für weitere Dienstfahrten vorhält, nicht aber, wenn das nur privat genutzte Fahrzeug während der Arbeitszeit auf dem Parkplatz der Arbeitgeberin abgestellt wird.
Rz. 616
Ein Ersatzanspruch entfällt jedoch, wenn ein Verkehrsunfall dem privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. Unfallschäden auf den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind daher nicht zu ersetzen; auch das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsparkplatz ist dem Dienst vorgelagert und erfolgt nicht zu dessen Ausübung. Allerdings wird die dienstliche Veranlassung einer Fahrt mit dem privaten Fahrzeug nicht dadurch beseitigt, dass der Schadenseintritt durch Umstände aus der Sphäre des Arbeitnehmers mit verursacht worden ist. Betrieblich veranlasste Unfallschäden sind folglich auch dann zu ersetzen, wenn der Unfall maßgeblich auf einem die Verkehrstauglichkeit des Fahrzeugs einschränkenden oder sogar ausschließenden Mangel beruhte; auch technische Defekte des Fahrzeugs oder ein persönliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers führen nicht dazu, dass das Unfallrisiko anlässlich einer Dienstfahrt dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zugeordnet werden könnte. Eigenes Verschulden des Arbeitnehmers kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 254 BGB im Zusammenhang mit den Grundsätzen der begrenzten Arbeitnehmerhaftung anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Da der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein soll als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde, kann ein Ersatzanspruch nur in dem Umfang bestehen, in dem der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte; die Beweislast für das fehlende Verschulden trägt der Arbeitnehmer. Da das Schadensrisiko des Arbeitgebers dementsprechend durch die Nutzung älterer oder mängelbehafteter Privatfahrzeuge überproportional ansteigen kann, sollte insbesondere bei umfangreicher dienstlicher Reisetätigkeit die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, die Bereitstellung eines Dienstfahrzeugs oder die Einbeziehung des Fahrzeugs in eine betriebliche Unfallversicherung erwogen werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Nutzung des Privatfahrzeugs bei gleichzeitigem Ausschluss weitergehender Ersatzansprüche angemessen zu vergüten. Zwar sind mit der Vereinbarung einer Kostenerstattung nach Maßgabe der steuerlichen Kilometerpauschalen etwaige Unfallschäden noch nicht abgegolten, doch kann (tarif-)vertraglich vereinbart werden, dass eine Kilometerpauschale auch die Aufwendungen für eine Fahrzeugvollversicherung einschließt und der Arbeitnehmer verpflichtet ist, diese bei einem Kaskoschaden in Anspruch zu nehmen. Der Ausschluss jedweder Kostenerstattung für Unfallschäden dürfte den Arbeitnehmer jedoch unangemessen benachteiligen und damit gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen.