Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1674
Eine "überflüssige" Änderungskündigung, deren Ziel in gleicher Weise gestützt auf das arbeitgeberseitige Direktionsrecht nach § 106 GewO erreicht werden kann, ist unverhältnismäßig. Eine faktische Änderung, die schon auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags, d.h. ohne Einverständnis des Arbeitnehmers durchsetzbar ist, bedarf keiner Vertragsänderung und deshalb keiner Kündigung. Unter "geänderten Arbeitsbedingungen" i.S.d. § 2 S. 1 KSchG sind "andere Arbeitsvertragsbedingungen" zu verstehen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die er schon durch Ausübung seines Weisungsrechts gem. § 106 S. 1 GewO durchsetzen kann, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine "Änderung von Arbeitsbedingungen" nach §§ 2 S. 1, 4 S. 2 KSchG. Während das Weisungsrecht der wechselnden Konkretisierung des unveränderten Vertragsinhalts dient, zielt die Änderungskündigung auf eine Änderung des Vertrags. Soll am bestehenden Vertragsinhalt nichts geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor. Die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungsschutzklage ist in diesem Fall unbegründet. Der mögliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zu den bisherigen Bedingungen "bedingt" in diesem Fall nicht i.S.v. § 2 S. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG eine (Änderungs-)Kündigung. Das gilt unabhängig davon, ob der gekündigte Arbeitnehmer die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen hat. Eine solche unwirksame Änderungskündigung kann regelmäßig nicht in eine Direktionsrechtsausübung umgedeutet werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine "überflüssige" Änderungskündigung wegen der damit verbundenen Bestandsgefährdung unverhältnismäßig mit der Folge der Unwirksamkeit, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht angenommen hat. Hat der Arbeitnehmer das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt angenommen, ist auf seinen Antrag nach § 4 S. 1 KSchG festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Demgegenüber führt nach bisheriger Rechtsprechung des Senats eine "überflüssige" Änderungskündigung bei Annahme des mit der Änderungskündigung verbundenen Angebots unter Vorbehalt nicht zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei der Änderungsschutzklage nach § 2 KSchG gehe es um den Inhaltsschutz. Wenn die angebotenen Änderungen ohnehin gölten, sei es aufgrund einer Weisung, sei es wegen sozialer Rechtfertigung, bedürfe es des Inhaltsschutzes nicht. Die Frage, ob die im Änderungsangebot des Arbeitgebers enthaltenen Arbeitsbedingungen gerade infolge der mit der Änderungskündigung angebotenen Vertragsänderung gölten, ob es also zu einer Herbeiführung der Änderungen der Änderungskündigung bedurft hätte oder ob die angebotenen Arbeitsbedingungen ohnehin Grundlage des Arbeitsverhältnisses seien, sei daher nur als ein Element der Begründetheitsprüfung anzusehen mit der Folge, dass es einer sozialen Rechtfertigung nicht bedürfe, wenn die angebotenen Arbeitsbedingungen zum Beispiel wegen einer wirksamen Weisung oder einer Änderung des Tarifvertrags bereits unabhängig hiervon eingetreten seien. Wenn auf Seiten des Arbeitgebers vor allem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwünscht ist, liegt es nahe, den Arbeitnehmer primär (kurzfristig) zu versetzen und ihm hilfsweise (fristgerecht) eine Änderungskündigung auszusprechen sowie bei eventueller Verweigerung der Arbeitsleistung am anderen Ort während der Kündigungsfrist (ggf. nach einer vorangehenden Abmahnung ggf. außerordentlich) verhaltensbedingt zu kündigen (sog. "vorsorgliche Änderungskündigung"). Ordnet der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechts an und spricht er zusätzlich eine darauf bezogene Änderungskündigung für den Fall aus, dass die Maßnahme nicht ohne eine Änderung des Arbeitsvertrags zulässig ist, kann der Arbeitnehmer – falls er zugleich die einseitige Maßnahme gerichtlich angreift – seinen Änderungsschutzantrag nach § 4 S. 2 KSchG unter die Bedingung stellen, dass über diesen nur befunden wird, wenn es nach Auffassung des Gerichts für die streitgegenständliche Maßnahme einer Vertragsänderung bedarf. Der Arbeitgeber, der erklärt, er spreche die Änderungskündigung vorsorglich im Sinne von hilfsweise nur für den Fall aus, dass seine Rechtsauffassung, er könne die beabsichtigte Änderung auch ohne Kündigung herbeiführen, in einem Rechtsstreit von den Arbeitsgerichten nicht geteilt werden sollte, bekundet damit, die Kündigung solle nur gelten, wenn er nicht schon einseitig zu der von ihm beabsichtigten Veränderung berechtigt ist, es dazu vielmehr einer Vertragsänderung bedarf. In diesem Fall ist die Kündigung zulässigerweise unter eine auflösende sog. Rechtsbedingung gestellt. Ein Antrag darf nur unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt werden. Dies muss aber nicht n...